Ein zentraler Schwerpunkt des Forschungsbereiches „Soziologische Theorie“ liegt in der Explikation und Weiterentwicklung des Weber-Paradigmas.
Die Ausarbeitung dieses Weber-Paradigmas erfolgt auf zwei Wegen:
Einerseits liegt der Fokus auf der systematischen Rekonstruktion und Explikation, aber auch der Aktualisierung und Ergänzung zentraler Konzepte und Begriffe der Weberschen Soziologie. Andererseits wird dieses Paradigma durch bewusste Konfrontation mit den theoretischen Angeboten konkurrierender Forschungsprogramme – insbesondere der Systemtheorie (N. Luhmann), der Theorie des kommunikativen Handelns (J. Habermas) und der Rational-Choice Theorie – weiterentwickelt. Das Weber-Paradigma erweist sich hier als ein vitales und konkurrenzfähiges Forschungsprogramm, dass an die nationale wie internationale Theoriediskussion anschlussfähig ist.
Neben seiner theoretischen Innovationskraft verfügt das Weber-Paradigma ebenfalls über ein herausragendes analytisches Potential. Die Anwendungen reichen dabei von Fragen der Differenzierung und Integration moderner Gesellschaften, über die Analyse historischer wie aktueller Institutionenkonstellationen, bis hin zu speziellen Problemen der Wirtschafts-, der Rechts-, der Religions-, der Mediensoziologie oder der Politischen Soziologie.
Für die Publikation der Ergebnisse dieser Forschung, aber auch für Arbeiten und Dissertationen, die mit dem oder über das Weber-Paradigma arbeiten, steht am Max-Weber-Institut eine Schriftenreihe zur Verfügung. Diese wird unter dem Titel „Studien zum Weber-Paradigma“ im VS Verlag für Sozialwissenschaften von G. Albert, A. Bienfait, S. Sigmund und M. Stachura herausgegeben.
Eine öffentliche Vortragsreihe wurde von Prof. Dr. Thomas Schwinn und Dr. Ulrich Bachmann zu Max Webers 100. Todestag 2020 an der Universität Heidelberg organisiert. Die Vorträge sind über heiONLINE zugänglich.
Literaturempfehlungen:
- Schwinn, Th.: Max Webers Methodological Individualism, in: The Palgrave Handbook of Methodological Individualism, Vol. 1. Edited by Nathalie Bulle and Francesco di Iorio. Palgrave Macmillan 2023, S. 321-345.
- Max Weber revisited: Zur Aktualität eines Klassikers, 2. Auflage (hrsg. mit Ulrich Bachmann). Weinheim/Basel 2022.
- Schwinn, Th.: Klassikerdämmerung. 100 Jahre Max Weber im Kontext der Soziologiegeschichte und des aktuellen Zustandes unserer Disziplin, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 72 (2020).
- Schluchter, Wolfgang: Mit Max Weber. Tübingen: Mohr Siebeck 2020.
- Schwinn, Th.: Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, in: Manfred Brocker (Hg.), Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert. Berlin: Suhrkamp 2018, S. 145-159.
- Schwinn, Th./Albert, G. (Hg.): Alte Begriffe - Neue Probleme. Max Webers Soziologie im Lichte aktueller Problemstellungen. Tübingen: Mohr Siebeck 2016.
- Schwinn, Th.: Max Weber und die Systemtheorie. Studien zu einer handlungstheoretischen Makrosoziologie. Tübingen: Mohr Siebeck 2013.
- Schluchter, W.: Grundlegungen der Soziologie, Eine Theoriegeschichte in systematischer Absicht, 2 Bände. Tübingen: Mohr Siebeck 2006, 2007.
- Albert, G. et al. (Hg.): Das Weber-Paradigma. Studien zur Weiterentwicklung von Max Webers Forschungsprogramm. Tübingen: Mohr Siebeck 2003.
- Schwinn, Th.: Differenzierung ohne Gesellschaft. Umstellung eines Konzepts. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2001.
- Schwinn, Th.: Jenseits von Subjektivismus und Objektivismus. Max Weber, Alfred Schütz und Talcott Parsons. Berlin: Duncker & Humblot 1993.