Die interdisziplinäre Ringvorlesung ist Teil des Thematic Research Network (TRN) "Stiften, Spenden, Sammeln in der Longue Durée". Die Veranstaltungsreihe ist öffentlich und wird in Kooperation mit der Metropolregion Rhein Neckar durchgeführt. Gemeinsam mit Expert*innen der teilnehmenden Disziplinen der Universität Heidelberg und ausgewählten Gästen aus der nationalen und internationalen Forschung und Praxis soll das Themenfeld Stiften, Spenden, Sammeln in der Longue Durée aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und Fragen aus dem Projektkontext diskutiert werden.

Warum stiften, spenden und sammeln Menschen in unterschiedlichen Kulturen und Epochen? Für welche Zwecke und mit welchen Zielen? Unter welchen sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und herrschaftlichen Bedingungen und in welchen Formen kann dies geschehen? Ist das für eine Gesellschaft gut oder schlecht? Diesen und anderen Fragen soll im Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis nachgegangen werden. Die für die Veranstaltungsreihe ausgewählten Gästen aus der nationalen und internationalen Forschung und Praxis werden Einblicke in europäische und außereuropäische Kulturen geben.

Die Veranstaltungsreihe fand im Sommersemester 2022, Wintersemester 2021/2022 und Sommersemester 2021 statt. Weitere Informationen zum Inhalt der Vorlesungen und dem/der Referent*in finden Sie hier:

Öffentliche Ringvorlesung im Sommersemester 2022

Öffentliche Ringvorlesung im Wintersemester 2021/22

Öffentliche Ringvorlesung im Sommersemester 2021

Viele der vergangenen Vorlesungen finden Sie auch online.

Koordinatorin Thematic Research Network
Dr. Gudrun-Christine Schimpf
E-Mail: gudrun.schimpf@csi.uni-heidelberg.de
Tel: +49 (0)6221 54119-85

Kooperation
Metropolregion Rhein-Neckar

 


Einige Einblicke in die Ringvorlesung des Sommersemesters 2022 und Wintersemesters 2021/22 

Pandemiebedingt fanden unsere Gesprächsrunden größtenteils online statt.

Thema: „Die Philosophie des Gemeinwohls und die Bewahrung des kulturellen Erbes: Die Perspektive der islamischen Rechtsprechung zu Waqf-Stiftungen“

Randi Deguilhem zeigte in ihrem Online Vortrag anschaulich die islamische Rechtsprechung in Bezug auf die Rolle von Waqf-Stiftungen in der Gesellschaft auf. Entlang von historischen wie aktuellen Beispielen skizzierte die Expertin religiöse, öffentliche und private Ziele und Absichten islamischer Stiftungen von den frühen islamischen Jahrhunderten bis heute. Dabei lag der Fokus auf der Überschneidung zwischen dem Gemeinwohl und der Bewahrung des kulturellen Erbes im Bereich des Waqf, insbesondere auf der Grundlage islamisch-sunnitischer religiöser Schriften. Interessant war auch zu sehen, wo Stiftungen über die Longue Durée an politische und gesellschaftliche Veränderungen angepasst wurden und wo nicht. So können sich Konflikte mitunter auch erst Jahrhunderte nach Stiftungsgründung auftun und in Rechtsprechung niederschlagen.

Thema: „Inschriften als dokumentarische Hauptquellen zum vormodernen indischen Stiftungswesen“

Annette Schmiedchen beleuchtete in ihrem Vortrag indischen Inschriften über Stiftungen, die - im Gegensatz zur sonst eher dünnen Quellenlage zum vormodernen Indien - tausendfach aus der Zeit von 300 v. Chr. bis 1500 n. Chr. überliefert sind. Die Inschriften, die zumeist in Stein oder Metall geschrieben wurden und so die Zeit überdauerten, vermitteln sowohl direkte Informationen als auch indirekte Hinweise. Es handelt sich dabei um Gründungs- und Weihinschriften, Kupfertafelurkunden, Steininschriften über Unterhaltsstiftungen, aber auch Handschriftenkolophone.

Es gelang Frau Schmiedchen in ihrem begeisternden Vortrag anhand dieser vielfältigen Quellen aufzuzeigen, was man aus diesen Inschriften über die Stifter*innen, verschiedene Stiftungstypen, Stiftungsvermögen und –erträge, die Motivation der Stiftenden und die Ziele der Stiftung lernen kann. Was sie uns allerdings nicht liefern können, sind Informationen zu der Entwicklung und dem Fortbestand der Stiftungen.

Thema: "Erinnern, das Leben rettet. Projekte der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ in der Ukraine vor und während des Krieges"

Dr. Tetiana Pastushenko, Mitarbeiterin des Instituts zur Geschichte der Ukraine der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine zeigte in ihrem Vortrag anschaulich, was Stiftungen in Krisensituationen vor Ort leisten können und wie Forschung eine Schnittstelle hierfür bildet. Sie eröffnete unsere Ringvorlesung in diesem Semester mit ihrem Vortrag zu „Erinnern, das Leben rettet“ und bot eine Übersicht und Ergebnisse zu Forschungsprojekten, die mit Unterstützung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ in der Ukraine durchgeführt wurden. Sie berichtete beispielsweise über "Rodynna pamjat - Familiengedächtnis" - einer Gedenk- und Bildungsstätte in Schostka, dem einzigen, der Zwangsarbeit gewidmete Museum der Ukraine. (mehr dazu und eine virtuelle Tour finden Sie hier: https://shostkamuseum.com.ua/en/)

Frau Pastuschenko erläuterte die Bedeutung dieser Projekte und wie sie den Akzent von der traditionellen Geschichtsschreibung der Ukraine im Zweiten Weltkrieg von Helden zu Kriegsopfern und damit auch die Chronologie verschieben und den Blick auf die zivilgesellschaftliche Perspektive richten.

Sie berichtete weiterhin von ihren Erfahrungen mit den aktuellen Geschehnissen in der Ukraine (diese sind auch in ihrem öffentlichen Kriegstagebuch zu lesen: https://www.uni-heidelberg.de/fakultaeten/philosophie/zegk/sog/)von der Dokumentation und Unterstützung bekannter Aktivistinnen und Zeitzeug*innen sowie über die geleistete Hilfe durch deutsche Helfende.

Thema: "Kultstiftungen: Wohltat oder Fessel?"

Mariette Horster, Professorin für Alte Geschichte an der Universität Mainz, bot uns in der ersten Veranstaltung in diesem Jahr einen Einblick in die Bedeutungen und Funktionsweisen von Kultstiftungen in antiken Städten. Der Beitrag hatte seinen Schwerpunkt in der antiken, griechisch geprägten Kultur, wurde aber vertieft durch Vergleiche zu anderen Kulturen und Epochen. Bei allen Vorteilen und trotz aller Widrigkeiten waren die Stiftungen gemeinschaftsbildend und sorgten für die Beständigkeit der Gemeinschaft. Die anschließende Diskussion ergab neue Impulse im interdisziplinären Austausch.

Thema: "Stiftungen in Byzanz in sozialgeschichtlicher Perspektive"

Obgleich die dritte Veranstaltung unserer Ringvorlesung pandemiebedingt online stattfand, knüpfte Prof. Dr. Pahlitzsch mit seinem Beitrag zu Stiftungen in Byzanz nahtlos an den vorherigen Vortrag an. Vergleichend skizzierte er die Zwecke der Stiftungen, insbesondere im Hinblick auf deren soziale Bedeutung. Er verband die Stiftungstheorie mit der gelebten Praxis über einen langen Zeitraum. Anhand konkreter Beispiele zeigte er auf, dass es dabei zwar in erster Linie um den Erhalt des Besitzes ging, ein zentraler Zweck jedoch der soziale war. Die Stifter:innen ermöglichten durch die Gründung der Stiftungen eine Vielzahl horizontaler Vernetzungen, die das besondere Merkmal aufwiesen, Verbindungen über den Tod hinauszuschaffen.

Thema: "Perspectives on Giving and Endowments from Buddhist Studies"

Zu unserer Freude durften wir unseren Kollegen Prof. Dr. Michael Radich zur zweiten Ringvorlesung in diesem Semester begrüßen. Als Experte für buddhistische Studien gelang es ihm, in die komplexen Hintergründe des buddhistischen Stiftens einzuführen. Außerdem regte er an, die Themen „giving“ und „endownments“ in den buddhistischen Studien auszukundschaften. In seinem Vortrag warf er viele Fragen auf, die im Anschluss in eine spannende und angeregte Diskussion mit dem Publikum mündete. Leider wird die kommende Veranstaltung aufgrund der pandemischen Lage wieder online stattfinden. Wir hoffen, dass wir Sie dann auch digital begrüßen dürfen.

Thema: "Von der mediävistischen Memoria-Forschung zum universalhistorischen Stiftungsvergleich"

Unsere erste Vortragsveranstaltung in Präsenz erhielt großen Zuspruch, sprach doch Prof. Dr. Michael Borgolte als ausgewiesener Kenner der Materie zum Thema: "Von der mediävistischen Memoria-Forschung zum universalhistorischen Stiftungsvergleich". Ausgehend von den komplexen Ursprüngen der Stiftungen zeichnete er deren Entwicklungslinien bis zur modernen Stiftungslandschaft des 21. Jahrhunderts nach. Er reflektierte anregend seine eigenen langjährigen Forschungen und Erkenntnisse dazu und ging auch auf die immer wieder aufflammende Kritik an Stiftungen ein. Das Publikum nutzte im Anschluss an den Vortrag die Gelegenheit, in der Diskussion noch einzelne Punkte zu vertiefen und Fragen zu klären. Wir hoffen, dass wir auch bei den kommenden Vorträgen der Ringvorlesung an der Präsenzform festhalten können.

Thema: "Gabentheoretische Theoriediskussion mit Hilfe von Pierre Bourdieu und dessen herrschaftskritischer Argumentation"                                            (Prof. Dr. Frank Adloff (Soziologie))