Die empirische Familienforschung ist seit Jahrzehnten auf die wichtigen, aber im gesamten Lebensverlauf doch eher seltenen Ereignissen fokussiert: Partnerwahl, Heirat, Scheidung, Familiengründung usw. Demgegenüber werden die ebenfalls wichtigen Routinen des Partnerschaftsalltags v. a. in empirischen Längsschnittstudien weitgehend ausgespart. Die Bedeutung des partnerschaftlichen Alltags zeigt sich etwa mit Blick auf die subjektiv wahrgenommenen Ursachen von Trennung und Scheidung, denn dabei zählen das Auseinanderleben und die Entfremdung zu den am häufigsten genannten Trennungsursachen.
Andererseits liegt mit der Zeitverwendungserhebung des Statistischen Bundesamts – welche auch das partnerschaftliche Zusammenleben umfassend und en detail erfasst – eine Datenquelle vor, mit der sich zwar die Ausgestaltung von Partnerschaften untersuchen lässt, die aber für die Familienforschung noch kaum genutzt wurde.
Das Projekt basiert auf dieser Zeitverwendungserhebung (mit über 5.000 Haushalten und2983 Paarhaushalten) und nutzt somit einen schon vorliegenden großen amtlichen Datenbestand zur Analyse offener Fragestellungen in der Familienforschung. Darüber hinaus leistet das Projekt einen Beitrag zur Lebensstilforschung indem es einen durch Zeittagebücher sehr validen Einblick in Lebensstile und deren Prägung durch einen Partner gibt.
Ziele des Projekts sind (1) die umfassende Beschreibung der Gestaltung von Partnerschaften und (2) der diesbezüglichen soziale Unterschiede sowie (3) der Vergleich von Wunsch und Wirklichkeit. Hinsichtlich der Beschreibung sind verschiedene Aspekte der Zeitverwendung von Paaren von Interesse: die insgesamt gemeinsam mit dem Partner verbrachte Zeit, die exklusive Zeit, die Familienzeit, die Zeit, die beide Partner mit Freunden und Verwandten verbringen, quality time versus bloße Kopräsenz u. a. m. Bei alldem sollen die Aktivitäten mit dem Partner Berücksichtigung finden. Umgekehrt sind aber auch die Aktivitäten ohne den Partner im Rahmen der (beidseitig) disponiblen Zeit für die Beschreibung der Partnerschaftsgestaltung von Interesse.
Hinsichtlich sozialer Unterschiede geht die Hypothesenformulierung davon aus, dass die Gestaltung einer Partnerschaft von kulturellen Leitbildern geprägt wird, die sich je nach sozialer Schicht, sozialem Milieu, Generationszugehörigkeit und anderen Faktoren unterscheiden, und dass zudem Opportunitäten und Restriktionen (v. a. hinsichtlich Dauer und Verteilung disponibler Zeit) die Partnerschaftsgestaltung beeinflussen.
Hinsichtlich Wunsch und Wirklichkeit wird analysiert, wie die Zufriedenheit mit der gemeinsam verbrachten Zeit mit der tatsächlichen Zeitverwendung zusammenhängt, welche Aspekte der gemeinsamen Zeitverwendung für die Zufriedenheit ausschlaggebend sind (z. B. exklusive Zeit) und inwieweit soziale Unterschiede der Zufriedenheit mit sozialen Unterschieden der Zeitverwendung, der Restriktionen oder möglicherweise der Ansprüche an die Zeitverwendung mit dem Partner zu erklären sind.
Antragsteller: Prof. Dr. Thomas Klein (Universität Heidelberg), Prof. Dr. Johannes Kopp (Universität Trier)
Mitarbeiter: Dr. Ingmar Rapp, Jonathan Gruhler, M.A., Benjamin Ambiel M.A., Tim Rauschenberg (Hilfswissenschaftler)