Loyalität und Kriminalität in Organisationen – Zur Erklärung von Bestechung und Manipulation in Industrieunternehmen und Transplantationszentren

Projektbeschreibung

Ausgangspunkt des interdisziplinären Forschungsvorhabens sind die wiederkehrenden Korruptionsskandale in der Industrie (z.B. Siemens, MAN, Strabag etc.) und die aktuellen Manipulationsskandale in der Transplantationsmedizin. Haben die beteiligten Akteure im Eigeninteresse, aus Gründen persönlicher Vorteilnahme, gehandelt? Im Mittelpunkt unseres Vorhabens steht die Frage, wie kriminelle Aktivitäten hochqualifizierten Personals von Organisationen begründet sind und sich ggf. bekämpfen lassen. Dies soll sowohl "cross-cultural" (Deutschland und USA) als auch "cross-sectional" (Industrie und Transplantationsmedizin) untersucht werden.
Mit dem organisationssoziologischen Konzept der organisationalen Devianz gehen wir davon aus, dass Organisationen auf brauchbare Formen abweichenden Verhaltens ihres Personals angewiesen sind. Vor diesem Hintergrund wird geprüfet, ob es einen Effekt der Normierung durch informelle Regeln gibt, der solche Aktivitäten auch dann befördert, wenn keine persönliche Vorteilnahme stattfindet und die persönlichen Risiken und Strafen sehr hoch sind. Sind es also die besonders loyalen Mitarbeiter, die diese Form "brauchbarer Illegalität" ausüben? Die Vorstudie setzt es sich zum Ziel, erste Indizien und Antworten auf diese Fragen zu finden und die Durchführung eines größeren Forschungsvorhabens vorzubereiten.

Dazu sollen zwei Verfahren der Analyse "organisationaler Devianz" weiter erprobt werden

1. die Hellfeldanalyse von Dokumenten aus Gerichtsverfahren und Kommissionberichten und
2. die Deutungsmusteranalyse von Interviews mit den an diesen Verfahren beteiligten Akteuren (Straftätern, Strafverteidigern, Richtern, Staatsanwälten, Managern, Transplantationsmedizinern etc.).

Der Ertrag des Vorhabens ist neben der Prüfung der Erklärungskraft der Analyse der "brauchbaren Illegalität" auch darin zu sehen, die bisherigen Verfahren der Korruptions- und Betrugsbekämpfung auf den Prüfstand zu stellen und Impulse für deren Neuentwicklung zu geben.

Outputs

19.04.2016: Interview mit Prof. Markus Pohlmann am 10.4.2016 im Deutschlandfunk: „Organspenden. Wie konnte es zu den Manipulationen kommen?“, Link zum Beitrag

20.01.2015: Pressemitteilung vom 20.01.2015: „Wie können Wirtschaft und Medizin Korruption und Manipulation vorbeugen?“, Link zur Pressemitteilung (PDF)

12.11.2015: Vortrag „Schmieren und Tricksen – Zur Erklärung von Korruption und Manipulationen von Managern, Bankern und Ärzten“, gehalten im Rahmen der Ringvorlesung 2015/16 an der Universität Heidelberg: Tauschen, Teilen, Tricksen – Andere Formen des Wirtschaftens. Link zum Video (heidICON)

Leitung

Prof. Dr. Markus Pohlmann
Prof. Dr. Gerhard Dannecker
Prof. Dr. Dieter Dölling
Prof. Dr. Dieter Hermann

Mitarbeiter
Dr. Julian Klinkhammer
Dr. Kristina Höly
Dr. Elizangela Valarini
Christian Mayer
Ludmila Hustus
Nadja Müller

Projektdauer
2014-2015

Projektfinanzierung
Frontier