Projektbeschreibung
Der Kampf gegen Korruption und Manipulation geht in eine neue Phase. In vielen Unternehmen sind in den letzten zwei Jahrzehnten Compliance-Abteilungen entstanden. Die großen Krankenhäuser ziehen nach. Die internationalen staatlichen Regeln werden schärfer und die Sanktionen drastischer. Die Ergebnisse des Regulierungsbooms stellen sich auf der Ebene der Organisation jedoch nicht im gewünschten Maße ein. Skandale (z.B. bei Siemens) nehmen kein Ende, neue (z.B. Manipulationen bei Organtransplantationen) kommen hinzu. Das Forschungsvorhaben setzt an dieser Diskrepanz an, indem es nach den Gründen für die mangelnde (präventive) Effektivität der Regulierungen fragt und vor diesem Hintergrund nach Alternativen in der Korruptions- und Manipulationsbekämpfung sucht.
Die zentrale Frage, zu deren Beantwortung der Heidelberger Forschungsverbund einen Beitrag leisten möchte, lautet: Wie lassen sich neue Felder wissenschaftlich-technischen Fortschritts – wie Organtransplantationen – in der Frage der Compliance effektiv regulieren und was ist dabei von den Regulierungsversuchen auf traditionellen Feldern – wie der Industrie – zu lernen?
Um Antworten hierauf zu finden, untersuchen wir in beiden Feldern (Industrie und Transplantationsmedizin) sowohl die bislang etablierten Regulierungsformen als auch die illegalen Abweichungen von den Regeln. Um den Grad der Kulturbedingtheit dieser Regulierungsformen zu erfassen, untersuchen wir mit den USA und Deutschland zwei Vorzeigeländer in Sachen Compliance und Korruptionsbekämpfung im Hinblick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Dabei gehen wir das Erklärungsproblem der nicht den Erwartungen entsprechenden präventiven Wirkungen des Regulierungsbooms organisationsbezogen und interdisziplinär an, indem wir juristische, kriminologische, medizinische und soziologische Perspektiven verbinden. Mit dem innovativen Konzept der Analyse „brauchbarer Illegalität“ in Organisationen wollen wir eine Form der Illegalität in den Blick nehmen, die sich – insofern sie nützlich für die Organisation ist und oft von loyalen Führungskräften im Rahmen anerkannter informeller Regeln begangen wird – der einfachen Kontrolle durch formale Vorgaben entzieht. Dies soll sowohl am Beispiel aktiver Korruption (i.e. der Bestechung Dritter durch Mitarbeiter) in Industrieunternehmen als auch an Manipulationsfällen bei der Organtransplantation überprüft werden. Zudem gehen wir das praktische Problem der Angemessenheit von Regulierungsformen gemeinsam mit führenden Experten aus der Praxis an. Der zu erwartende Ertrag unserer Forschung liegt in der Generierung empirisch fundierter Erkenntnisse darüber, mit welchen (Selbst- )Regulierungsformen wir in neuen Feldern wissenschaftlichen-technischen Fortschritts zu rechnen haben und wie wir – unter Einbezug der Erfahrungen mit Regeln der (Selbst-) Regulation in traditionellen Feldern – deren präventive Effektivität steigern können.
Leitung
Prof. Dr. Markus Pohlmann
Prof. Dr. Gerhard Dannecker
Prof. Dr. Dieter Dölling
Prof. Dr. Dieter Hermann
Mitarbeiter
Dr. Julian Klinkhammer
Kristina Höly, M.A. (bis 2016)
Dr. Elizangela Valarini
Christian Mayer
Ludmila Hustus
Nadja Müller
Dr. Sebastian Starystach
Projektdauer
2015-2018
Projektfinanzierung
VW-Stifung