Lula verurteilt, Temer angeklagt – Die Effektivität der Justiz und der institutionelle Wandel in Brasilien

Von Markus Pohlmann und Elizangela Valarini

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Brasilien ist um Wundersames nie verlegen. Das größte Wunder vollzieht sich aber derzeit. Der Sumpf der politischen Korruption wird weiter aufgedeckt. Die brasilianische Justiz ist vollends aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht und hat in mehreren Großverfahren begonnen, die systemische Korruption in Brasilien aufzuarbeiten und vor Gericht zu bringen. Wer hätte noch vor einigen Jahren gedacht, dass der brasilianische Ex-Präsident Lula da Silva jemals verurteilt würde, wenn auch zunächst nur in erster Instanz? Schließlich nannte man ihn in Brasilien „Lula Teflon“, weil an ihm nie etwas haften blieb. Oder dass in einem lateinamerikanischen Land ein amtierender Präsident angeklagt würde, so wie jetzt Michel Temer – auch wenn das Abgeordnetenhaus der Aufhebung seiner Immunität noch nicht zugestimmt hat.

Institutioneller Wandel im Zeitraffer

In Brasilien kann man sehen, wie institutioneller Wandel im Zeitraffer funktioniert. Brasiliens Justiz macht die weltweite Anti-Korruptionsbewegung mit schärferen Gesetzen, rigiderer Strafverfolgung und spezialisierten Gerichten und Staatsanwaltschaften nicht nur mit, sondern setzt sich an ihre Spitze. Und dies in origineller Weise. So gibt es zum Beispiel auf der Ebene der Städte und Gemeinden eine im Fernsehen übertragene Lotterie der Ermittlungen. Es wird ausgelost, in welcher Stadt als nächstes wegen Korruption ermittelt wird – und zwei Wochen später ist die spezialisierte Untersuchungseinheit vor Ort. Zeit genug, um alles zu vertuschen, könnte man denken. Aber dem ist weit gefehlt. Bei 606 in den Jahren 2001 bis 2008 untersuchten Städten und Gemeinden kamen bei 71 Prozent der Fälle Korruption, Geldwäsche oder Betrug zum Vorschein. Allerdings wissen wir heute noch nicht, wie nachhaltig dieser institutionelle Wandel damit sein wird.

Korruption auf höchster Ebene

By Diego DEAA (Own work) [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons
Mittwoch, 31. Mai 2017: Der Mutterkonzern J&F Investimentos des brasilianischen Fleischverarbeitungsriesen JBS stimmt im Rahmen einer Kooperation mit der brasilianischen Staatsanwaltschaft einer Strafzahlung von 3,2 Milliarden US-Dollar zu, um die Verfahren wegen einer mehr als zwei Jahrzehnte andauernden Bestechung von rund 1900 Lokalpolitikern in Höhe von insgesamt umgerechnet 233 Millionen US-Dollar beizulegen. Im Zuge der Ermittlungen taucht ein geheim aufgenommener Tonbandmitschnitt einer Unterhaltung zwischen Michel Temer und Joesley Batista, Chef von JBS, auf. In diesem geht es zum einen um die Behinderung der brasilianischen Justiz. Damit Eduardo Cunha, Ex-Präsident der brasilianischen Abgeordnetenkammer und seit Oktober 2016 inhaftiert, nicht vor Gericht aussage, werde sich Joesley Batista, unterstützt durch Präsident Temer, um das Wohlbefinden und um die finanziellen Angelegenheiten von Cunhas Familie kümmern. Als Gegenleistung werde Cunha den Konzern J&F und den amtierenden Präsidenten aus seinen Geständnissen heraushalten. Doch damit nicht genug. Zum anderen benötigt J&F Temers Unterstützung bei der brasilianischen Behörde CADE (Administrative Council for Economic Defence), die Projekte blockiert, welche einen Unternehmensgewinn von rund 95,6 Millionen US-Dollar pro Jahr für J&F versprechen. Als Gegenleistung solle Temer fünf Prozent der Gewinne, also geschätzte 15 Millionen Reales, erhalten. All diesen Vorwürfen widerspricht Temer derzeit nachdrücklich.

Mittwoch, 12. Juli 2017: Lula da Silva, der Ex-Präsident und mögliche Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 2018, ist in erster Instanz zu einer Haftstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Dies ist das vorläufige Ergebnis des ersten von insgesamt fünf anhängigen Verfahren gegen Lula. Das Gericht fand ihn der Korruption und Geldwäsche schuldig. Er habe sich während seiner Zeit als Präsident ein Apartment am Meer für umgerechnet mehr als 1,1 Million US-Dollar von dem brasilianischen Baukonzern OAS renovieren lassen und diesem im Gegenzug Aufträge von Petrobras verschafft. Lula bestreitet diese Vorwürfe, da das Apartment seine Frau gehört habe.

Wohin führt der institutionelle Wandel in Brasilien?

Derzeit wird in Brasilien gegen fünf ehemalige und amtierende Präsidenten, ein Drittel von Temers Kabinett, ein Drittel des Senats sowie gegen eine große Zahl von Abgeordneten ermittelt. Brasiliens Justizsystem zeigt damit an, dass sich seine vormals „defekten“ Institutionen der Ermittlung und Strafverfolgung zu effektiven gemausert haben. Dahinter stecken nicht nur der globale Rückenwind von weltweit stark regulativen Politiken gegen Korruption und eine neue Generation von brasilianischen Juristen, die nach dem italienischen Vorbild operieren, sondern auch ein Kulturwandel in der brasilianischen Bevölkerung. Folgt man dem lateinamerikanischen Barometer, wird Korruption in den letzten Jahren zunehmend als das dringendste Problem in Brasilien angesehen, was bei der Vielfalt gravierender anderer Probleme während der anhaltenden ökonomischen Krise in Brasilien ein gewichtiges Statement darstellt. Ob jedoch der institutionelle Wandel dahin führt, dass Korruption in Brasilien „uncool“ wird und die Folgen ihrer justiziellen Aufarbeitung im politischen System Wirkung zeigen, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Bisher übernehmen jedenfalls die wenigsten Politiker die politische Verantwortung und die Versuche sind zahlreich, die nun so lästig effektive Justiz selbst zu kriminalisieren. Erst wenn dies aufhört und die Gewaltenteilung akzeptiert wird, hat der institutionelle Wandel in Brasilien aus einer soziologischen Perspektive ein festeres Fundament erlangt.

 

Quellen

Untersuchungsverfahren N. 4483/STF (Supreme Court)

Untersuchungsverfahren N. 4489/STF (Supreme Court)

Neue Züricher Zeitung, 18.5.2017: Korruption in Brasilien: https://www.nzz.ch/international/korruption-in-brasilien-fleischbarone-laeuten-temers-apokalypse-ein-ld.1294845

Handelsblatt, 16.07.2017: Fleischskandal in Brasilien: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/fleischskandal-in-brasilien-bis-zu-6000-dollar-fuer-schmierige-steaks/20066710.htm

Machen Sie Urlaub auf Mallorca – Die Höllenengel sind schon da! Korruption, Prostitution und Geldwäsche auf der Ferieninsel

Von Markus Pohlmann

Wenn Frank Hanebuth, der Ex-Präsident der Rockervereinigung „Hells Angels“ in Hannover, am 22. Juli 2017 seine langjährige Lebensgefährtin zur kirchlich Angetrauten nimmt, könnte ihm die spanische Justiz ein unfreiwilliges Hochzeitsgeschenk machen. Bis zum 23. Juli 2017 muss sie darüber entscheiden, ob sie gegen ihn Anklage erhebt. Falls nicht, käme Frank Hanebuth ungestraft davon. Denn dann sind die vier Jahre um, welche die Ermittlungen höchstens dauern dürfen. Doch auch für diesen Fall hat sich die spanische Justiz noch ein Hintertürchen offengelassen. Bei schwierigen Fällen darf sie ihre Ermittlungen, wie die sogenannte „Operation Casablanca“ gegen Hanebuth und die Hells Angels, um sechs Monate verlängern.

Die Zutaten des Skandals: Prostitution, Drogenhandel, organisierte Kriminalität

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Frank Hanebuth wurde am 23. Juli 2013 auf Mallorca festgenommen. Als Präsident des Hells Angels-Charters „Spain“ (Charter sind Ortsgruppen des jeweiligen Clubs) werden ihm und den Mitgliedern unter anderem Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung, Menschenhandel, Erpressung, Freiheitsberaubung und Zuhälterei vorgeworfen. Die Hells Angels werden außerdem beschuldigt, Geld in Millionenhöhe gewaschen zu haben. Zwei Jahre saß Hanebuth in Spanien bereits in Untersuchungshaft. Nun pendelt er zwischen Hannover und Mallorca hin und her. Einmal die Woche muss er nach Mallorca fliegen, um sich bei den Behörden zu melden. Für mallorquinische Standards sind die Vorwürfe nicht außergewöhnlich. Durch den Skandal um die Hells Angels kamen auch Bestechungslisten von Polizisten und Politikern zum Vorschein, die bis ins Rathaus von Palma de Mallorca hineinreichen. Prostitution, Drogenhandel und organisierte Kriminalität sind laut Anklagen die Zutaten dieses Skandals, der die spanische Justiz bisher, ebenso wie den Fall von Frank Hanebuth, noch zu wenig aufgearbeitet hat.

Die Hells Angels und die „organisierte Kriminalität“

Deutschlands beliebte Ferieninsel scheint mittlerweile ein Paradebeispiel für etwas zu sein, das wir in der Soziologie ein deviantes Umfeld nennen. Das sind paradiesische Zustände für die Hells Angels. Je nach Charter verfolgte die Rockervereinigung bisher, neben der Pflege ihrer Gemeinschaft, oft auch kriminelle Zwecke. Von der Polizei und den Strafverfolgungsbehörden werden die Rocker daher der „Organisierten Kriminalität“ zugeordnet. Wie bei der italienischen Mafia handelt es sich aber in der soziologischen Perspektive nicht um eine Organisation. Die Rocker-Vereinigung erinnert vielmehr an eine Bruderschaft mit geheimbündnerischen Elementen. Der Eintritt erfolgt eher rituell. Es ist ein langer Weg, den die, von Mitgliedern vorgeschlagenen, Interessierten gehen müssen, um selbst Mitglied zu werden. Zunächst sind sie „Hangarounds“ und sogenannte „Prospects“. Ähnlich wie bei den Burschenschaften werden sie zur Übernahme von einfachen Arbeiten für andere herangezogen: Putzen und Saubermachen vor und im Clubhaus sowie das Putzen der Motorräder. Hangarounds und Prospects werden oft auch bei Straßenschlachten mit verfeindeten Clubs als Schläger eingesetzt. Erst wenn sie sich hier bewährt haben, können sie ein vollwertiges Mitglied werden. Auch der Austritt ist bei den Hells Angels nicht so einfach möglich, sondern nur in Ausnahmefällen wie bei schwerer Krankheit, bei Familienproblemen oder bei internen Streitigkeiten gestattet. Dabei gibt es verschiedene Arten des Austritts. „LEFT“: ausgetreten und zum Schweigen verpflichtet – auf die Hand wird „LEFT“ und das Datum des Austritts tätowiert. Darüber hinaus gibt es den Status „OUT“: wegen nicht korrektem Verhalten aus dem Club entlassen, und „Out in Bad Standing“: Dieses ehemalige Mitglied muss sich dann auf Angriffe von Hells Angels Mitgliedern und von anderen Motorradclubs einstellen.

Die Regeln der Mitgliedschaft

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Die in den USA in den 1920er/1930er-Jahren entstandenen Clubs, die später von Soldaten übernommen wurden, haben ganz eigene, ursprünglich geheim gehaltene Mitgliedschaftsregeln. Diese sind zum Teil niedergeschrieben, zum Teil handelt es sich aber auch um ungeschriebene Regeln. So ist z.B. die Frau oder Freundin eines anderen Mitglieds absolut tabu. Jedes Mitglied sollte eine Harley besitzen, die heute teilweise verbotenen Kutten tragen und mittels Tattoos seinen Status signalisieren. Gewinne aus den Geschäften der Mitglieder müssen meistens an den Club abgetreten werden. Das wichtigste Gebot der Hells Angel ist jedoch das des Schweigens. Weder Tätigkeiten noch interne Strukturen dürfen an die Öffentlichkeit gelangen. Nicht nur von den Hangarounds und den Prospects wird oft unbedingter Gehorsam gefordert, sondern auch von den Mitgliedern selbst – bis hin zur Ausführung von Mordaufträgen. Viele Mitglieder aus unterschiedlichen Chartern sind, teilweise mehrfach, des Drogen-, Waffen-, und Menschenhandels überführt worden. Viele sind im Rotlichtmilieu aktiv. So wurde beispielsweise Christopher R., der vor der Ankunft Hanebuths das Charter der Rocker auf Mallorca gegründet hatte, wegen Handels mit 109 Kilo der Droge Crystal Meth vom Berliner Landgericht rechtskräftig zu sieben Jahren Haft verurteilt. Zu den Hauptangeklagten im aktuellen Prozess zählen neben Hanebuth Paul E. sowie Khalil Y., die laut Polizei auf Mallorca die Unterweltgeschäfte führten.
Um ihre Interessen durchzusetzen, schrecken die Hells Angels vor Gewalt nicht zurück. Auch Morde gegen clubinterne und clubexterne Personen sollen vorgekommen sein. Ein Rocker der Hells Angels wurde vor dem Kieler Landgericht 2016 zu viereinhalb Jahren verurteilt, weil er einen Mann aus einer verfeindeten Rockergang in eine Falle gelockt hatte. Auf das Opfer wurde geschossen; der Mann ist seitdem schwerbehindert (FAZ, 8.1.2016).

Deutschland bei Outlaw Motorcycle Gangs ganz vorne

Die Outlaw Motorcycle Gangs gelten heute als global operierende Vereinigungen, die Drogen-, Waffen- und Menschenhandel in nicht unerheblichem Maße vorantreiben. Deutschland beherbergt mit 116 Chartern weltweit und mit großem Abstand die meisten der USA-basierten Motorradgangs z.B. die Outlaws, Bandidos, Mongols. Im Vergleich dazu werden für Spanien nur sieben Charter gelistet (Barker 2014). Da liegt es nahe, dass jetzt auch die beliebte Ferieninsel der Deutschen nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen ist. Sowohl das FBI als auch Europol sind bereits aktiv geworden, um die weitere Ausbreitung der kriminellen Aktivitäten der Höllenengel zu stoppen (Rostami/Mondani 2017). Aber die spanischen Behörden tun sich offensichtlich schwer. Hoffen wir, dass demnächst wenigstens einige der Anklagen vor Gericht landen.

Wenn Sie aber noch in diesen Sommer nach Mallorca fliegen wollen: Willkommen im „Paradies“.

 

Quellen

Barker, Thomas. “Conclusion-Organized Criminals Without Borders.” Outlaw Motorcycle Gangs as Organized Crime Groups. Springer International Publishing, 2014. 53-55.

Rostami, Amir, and Hernan Mondani. “Organizing on two wheels: uncovering the organizational patterns of Hells Angels MC in Sweden.” Trends in Organized Crime (2017): 1-17.

http://www.poderjudicial.es/cgpj/es/Poder-Judicial/Audiencia-Nacional/Sala-de-prensa/Notas-de-prensa/El-juez-imputa-a-55-integrantes-y-colaboradores-de-los-Angeles-del-Infierno-por-pertenencia-a-organizacion-criminal

http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Spanische-Justiz-laesst-Rocker-Hanebuth-warten,hanebuth176.html

http://www.sueddeutsche.de/panorama/stilkritik-rocker-1.3158221

Manipulationen mit System. Auf Wiedervorlage: Der Transplantationsskandal in Deutschland

Von Markus Pohlmann

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Nun ist es soweit. Der Bundesgerichtshof hat am 28. Juni 2017 über die Revision des Göttinger Urteils entschieden: Das Göttinger Urteil ist rechtskräftig. Alle Gerichtsverfahren in Leipzig, Göttingen und München haben darauf gewartet, ob das erste Urteil in Göttingen, das mit einem Freispruch für Aiman O. endete, revidiert wird. Dies ist nicht passiert. Ein guter Anlass, nochmals auf die Hintergründe des Skandals zurückzublicken.

Unregelmäßigkeiten, Verstöße, Schummeleien

Was war da eigentlich los, in München, Leipzig, Göttingen, Heidelberg und anderen Städten? Als die Ärztekammer aufgrund eines anonymen Hinweises aus Göttingen zu der dortigen Praxis der Lebertransplantationen die Patientenakten 2012 untersuchten, stießen ihre Experten auf zahlreiche Unregelmäßigkeiten und Verstöße gegen die Richtlinien der Ärztekammer. Es war aus ihrer Sicht ordentlich geschummelt worden. Es wurden unter anderem Falschangaben gemacht, um die eigenen Patienten auf der Warteliste für ein Organ bei Eurotransplant weiter nach oben zu befördern. Die Ärztekammer informierte die Presse. Diese griff den Fall auf und legte nahe, dass persönliche Bereicherung und kleinkriminelles Verhalten der Mediziner der Grund für die Manipulationen waren. Darauf schoss man sich ein. Ein paar schwarze Schafe, die man vor Gericht stellen konnte und die, wie alle anderen auch, von der Heftigkeit der Anklage überrascht wurden: Versuchter Totschlag lautete diese. Die angeklagten Mediziner hätten wissen müssen, so der Vorwurf, dass die Schummelei tödliche Konsequenzen für die ohne Falschangaben höherplatzierten Patienten auf der Warteliste hätten haben können.

Mehr als nur schwarze Schafe – Ein System auf der Anklagebank

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Doch tatsächlich drehte es sich nicht um ein paar schwarze Schafe. Das ganze System geriet auf die Anklagebank. Es zeigte sich, wie schwierig alles ist, wenn jede Regelung zur Organvergabe aufgrund der Knappheit der verfügbaren Organe den Tod von Patienten nach sich zieht. Denn genau das ist der Fall. Wir nennen das in der Soziologie eine tragische Wahlsituation. Wenn bei der Organvergabe Erfolgsaussichten höher gewichtet werden müssen, bekommen die schwerkranken Patienten kein Organ. Und wenn die Dringlichkeit höher gewichtet wird, erwischt es die, die mit einiger Sicherheit noch zu retten gewesen wären. Wie man es macht, man macht es falsch – weswegen die Politik die Finger davon gelassen hat und die Verantwortung der Bundesärztekammer übertrug. Und die hat es entsprechend schwer mit ihren Richtlinien zur Organvergabe. Denn auch sie kann die tragische Wahlsituation nicht außer Kraft setzen.

Doch zurück zu den schwarzen Schafen. Wir können heute widerlegen, dass es sich nur um Einzeltaten und Einzeltäter gehandelt hat. Viel zu viele Richtlinienverstöße wurden aufgelistet. Während es bei der Niere und bei der Bauchspeicheldrüse keine Beanstandungen gab, waren es bei der Leber 19 Prozent der geprüften Fälle, beim Herzen 15 Prozent und bei der Lunge 14 Prozent der geprüften Fälle. Von 2120 geprüften Transplantationen waren den Kommissionen der Ärztekammer zufolge 354 manipuliert. Das ist ganz erheblich, wenn man es mit dem Vorkommen zum Beispiel von Betrugs- und Urkundenfälschungsdelikten in Deutschland vergleicht. Hier sind es 3,4 Fälle pro Hunderttausend Einwohner. Natürlich waren nach den Berichten der Kommissionen auch nicht alle Zentren beteiligt, sondern 12 von 52 Transplantationszentren. Bei diesen 12 lag Göttingen mit gelisteten Richtlinienverstößen von 75 Prozent der geprüften Fälle an der Spitze; gefolgt von Jena mit 63 Prozent und Heidelberg mit 56 Prozent der geprüften Fälle. Im Durchschnitt der 12 Zentren gab es 38 Prozent gelistete Richtlinienverstöße. Wie immer man das auch dreht und wendet, damit wird klar, dass wir es nicht mit Einzeltaten zu tun hatten, sondern mit Richtlinienverstößen nach System.

Was steckt hinter den Richtlinienverstößen mit System?

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Doch was steckte dahinter? Die Gier der Ärzte nach persönlicher Bereicherung war es sicherlich nicht. Das ist auch viel zu einfach gedacht. Schon die Anklage auf versuchten Totschlag machte darauf aufmerksam, dass es für Habgier-Motive der Ärzte keine hinreichenden Anhaltspunkte gab. Sonst hätte sie auf versuchten Mord gelautet. Wir können zeigen, dass die Ärzte in diesem Feld erstens sehr stark am Nutzen der Kliniken sowie an ihrer eigenen Reputation orientiert handeln. Jeder wusste in diesem Feld, wie viele Organe der jeweils andere transplantiert. Und manche waren extra ins Zentrum geholt worden, um mehr Organe zu transplantieren. Dabei spielte das Schicksal der Patienten noch gar keine Rolle. Zweitens erscheint uns die dilemmatische Situation als ein wichtiger Grund, in welche sie die Anwendung der Regeln der Bundesärztekammer brachte. Im Falle der Leber lässt sich das gut verdeutlichen. Hier durften die Ärzte nach dem geltenden medizinischen Kennzahlensystem erst transplantieren, wenn die schwerkranken Patienten schwerstkrank waren und die Transplantation oft nur noch den Tod hinauszögerte. Von den kranken Patienten mit besseren Heilungschancen mussten sie die Finger lassen. Angesichts des tagtäglichen Leidens, das sie vor Augen hatten, war das für einige ein möglicher Grund, mit Falschangaben nachzuhelfen. Drittens ist das Feld der Transplantationsmedizin erst spät reguliert worden und viele der Ärzte sind einen höheren Freiheitsgrad in ihren Entscheidungen gewohnt. Da der Einzelfall immer komplex und mit Regeln schwer erfassbar ist, liegt es nahe, dass einige Mediziner das Heft des Handelns selbst in die Hand nahmen und sich abseits der Regeln auf ihre medizinische Professionalität beriefen. Das entschuldigt zwar ein solches Fehlverhalten nicht, sagt uns aber viel über seine Hintergründe.

Aber warum ist denn nun der angeklagte Mediziner in Göttingen rechtskräftig freigesprochen worden? In der Mehrzahl der Fälle konnten zwar die Manipulationen nachgewiesen, ihm aber nicht beweisbar zugerechnet werden. In anderen Fällen wurde nicht von einer Strafbarkeit der Verstöße ausgegangen, weil unter anderem die Richtlinien der Ärztekammer selbst als verfassungswidrig erachtet wurden. Und so ist Aiman O. nun endgültig auf freiem Fuß, während das System der Transplantationsmedizin, auch in den Ausführungen des Bundesgerichtshofs, einen gravierenden Denkzettel verpasst bekommen hat.

 

Quellen

Pohlmann, Markus und Höly, Kristina (2017): Manipulationen in der Transplantationsmedizin – Ein Fall von organisationaler Devianz?, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Heft 2: 1-27, link.springer.com

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 98/2017 vom 28.06.2017

Rolls-Royce und das Triebwerk der Korruption

Von Julian Klinkhammer

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Wer heute einen neuen „Rolls-Royce“ kauft, der erwirbt entweder Automobile aus dem deutschen BMW-Konzern oder Triebwerke des britischen Konzerns Rolls-Royce plc, die für den Betrieb von Flugzeugen (wie z.B. dem Airbus A380) bis hin zu Kraftwerken genutzt werden. Die Gründe für diese Aufspaltung reichen zurück bis zu einem Bankrott in den 1970er Jahren, von dem sich auch die Maschinenbausparte erst langsam im Zuge der Re-Privatisierung Ende der 1980er, aber dann sprunghaft seit den 1990er Jahren erholt hat. Rolls-Royce wuchs unter der schützenden Hand des Staates und durch geschickte Unternehmensführung rasch zu einem nationalen Monopolisten und „global player“ heran, der heute für die britische Industrie von zentraler Bedeutung ist.

Doch nicht nur technische Innovationen trieben das Unternehmenswachstum an; nicht allein die hohe Qualität der Produkte gewährleistete die Wettbewerbsfähigkeit. Nach Inkrafttreten des UK Bribery Act im Jahr 2011 – einem Gesetz, das Auslandsbestechung unter Strafe stellt und heute als eines der schärfsten Schwerter im internationalen Kampf gegen Korruption gilt – wurde offenkundig, dass diese Erfolgsgeschichte auch durch strukturelle Korruption ermöglicht wurde. Nach ersten Hinweisen aus dem Internet haben die Strafverfolgungsbehörden seit 2012 eine Vielzahl korrupter Geschäftsbeziehungen ermittelt, die nicht nur mitunter bis in die 1980er Jahre zurückreichten, sondern vereinzelt bis 2013/14 andauerten. Warum war Rolls-Royce, trotz kompetenter Unternehmensführung und hohen Strafrisiken, nicht in der Lage, auf Bestechung im Ausland zu verzichten? Drei Gründe können wir aus den amtlichen Dokumenten herauslesen.

Gewinner der wirtschaftlichen Globalisierung

Der erste Grund ist die Einbettung des Unternehmenswachstums in langfristige Transformationen industrieller und weltwirtschaftlicher Erfolgsbedingungen. Nicht nur für Rolls-Royce waren die 1990er Jahre ein besonders turbulentes Jahrzehnt. Die wirtschaftliche Globalisierung bot neue Möglichkeiten, die eigenen Triebwerke für zivile und militärische Luftfahrzeuge sowie Turbinen für die Energieerzeugung in Kraftwerken auf ausländischen Märkten abzusetzen. Niemand personifiziert die Kontinuität in dieser wechselvollen Phase des Wachstums und der Marktdiversifikation besser als der ehemalige CEO Sir John Rose. In seiner Amtszeit verdoppelte sich der Umsatz zwischen 1996 und 2011, von dem der Löwenanteil im Ausland erwirtschaftet wurde. Der Auftragseingang – eine besonders wichtige Kennzahl in diesem nur langfristig rentablen Geschäft – wuchs im gleichen Zeitraum von 7,6 auf 58,3 Milliarden britische Pfund an und der Profit stieg von 175 auf 915 Millionen britische Pfund. Die Ergebnisse behördlicher Ermittlungen und interner Untersuchungen bei Rolls-Royce offenbaren, dass diese Profite u.a. in Thailand, Indien, China und Malaysia teils mit unlauteren Mitteln erwirtschaftet wurden. Korruption diente demnach strukturell als ein Triebwerk, das zur Umsatzsteigerung und zum zuverlässigen Ausschalten unliebsamer Konkurrenz unter verschärften Wettbewerbsbedingungen genutzt werden konnte.

Täter und Opfer struktureller Korruption in Entwicklungsländern

Stromkraftwerk in Indonesien, Foto: Ezagren

Der zweite Grund wird sichtbar, wenn wir die korrupten Strukturen aus der Nähe betrachten. Schauen wir z.B. nach Indonesien. Seit den 1990er Jahren unterhielt Rolls-Royce geschmierte Geschäftsbeziehungen zu einem indonesischen Energieversorger in öffentlicher Hand. Die Beziehungen wurden von einem Mittelsmann gepflegt, der regelmäßige Provisionen von Rolls-Royce erhielt. Rolls-Royce-Mitarbeiter zeigten sich „geschockt“, als sich der Energieversorger 2007 zwecks Korruptionsprävention genötigt sah, einen auslaufenden langfristigen Dienstleistungsvertrag zur Wartung von Rolls-Royce-Aggregaten öffentlich auszuschreiben. Um die Vertragsverlängerung zu erreichen, schlugen Rolls-Royce-Mitarbeiter dem Präsidenten eines indonesischen Wettbewerbers vor, eine Vertragsbeziehung mit dem Mittelsmann einzugehen, um an der Vergabe des Dienstleistungsvertrags an Rolls-Royce privat mitzuverdienen. Dieses Vorgehen war erfolgreich. Trotz steigender Kosten, die für das Unterlaufen der internen Compliance-Maßnahmen und externen Korruptionsbekämpfung anfielen, hielt Rolls-Royce in Indonesien lange an der bewährten Geschäftspraxis fest. Interne Ermittlungen liefen ab Januar 2012 an, doch es sollte noch bis Juli 2013 dauern, bis die Kommissionszahlungen an den Mittelsmann von Rolls-Royce endgültig eingestellt wurden.

Mittelsmänner wie dieser spielten nicht nur in Indonesien eine wichtige Rolle, um den Zahlungsstrom zwischen Geber und Nehmer aufrechtzuerhalten bzw. Korruption auf Dauer zu stellen. Korruption ist die Vorteilnahme zweier Parteien zum Schaden Dritter. In diesem Fall waren indonesische Bürger die Opfer, die z.B. überteuerte Preise oder nicht marktgerechte Betriebskosten des Kraftwerks in Kauf nehmen mussten. Höhere Energiekosten sind wiederum für die armen Bevölkerungsteile besonders folgenreich, denn sie ziehen Veränderungen im Konsumverhalten nach sich, die oft das Vermögen mindern oder sogar gesundheitsschädlich sein können. Auf der anderen Seite bindet die wiederholte Vorteilnahme Geber und Nehmer langfristig aneinander, denn beide sind Täter und profitieren vom Ausstechen der Konkurrenz. Doch inwiefern hat Rolls-Royce, angesichts steigender Kosten, überhaupt von struktureller Korruption profitiert?

Schwere Turbulenzen bei Rolls-Royce

Quelle: Pixabay

Die Ermittlungen gegen Rolls-Royce wurden nach Absprachen mit den Strafverfolgungsbehörden am 17. Januar 2017 vorläufig abgeschlossen. Vor allem die Herausgabe des illegal erwirtschafteten Bruttoprofits wurde zur Bedingung einer Aussetzung der Strafverfolgung gemacht. Es ist gar nicht leicht, diesen Bruttoprofit zu bestimmen, daher beruft sich das zuständige Gericht diesbezüglich auf Schätzungen von Wirtschaftsprüfern. Demnach hat Rolls-Royce weltweit rund 258.170.000 britische Pfund mittels Bestechung illegal erwirtschaftet – und das allein zwischen Juli 2011 und Dezember 2013, d.h. in einer Phase, in der das Triebwerk der Korruption sukzessive heruntergefahren wurde. Der dritte Grund liegt insofern in der vergleichsweise späten, aber umso radikaleren Kriminalisierung von Auslandsbestechung im Vereinigten Königreich, die eine Art „Schubumkehr“ in der Unternehmenskultur verlangte.

Die rechtliche Bewertung des Gerichts ringt mit den unbeabsichtigten Konsequenzen des UK Bribery Act. Denn die Entscheidung von Richter Sir Brian Leveson steht ersichtlich im Spannungsfeld zwischen der notwendigen Sanktionierung „ungeheuerlicher“ Unternehmenskriminalität und der kniffligen Frage, inwieweit ein öffentliches oder justizielles Interesse an härteren Strafen gegen Rolls-Royce bestünde, die über den Spielraum eines Vergleichs hinausgehen. Wir haben es also nicht mit einer illegitimen Berücksichtigung nationaler Wirtschaftsinteressen zu tun, sondern mit einem rechtlichen Zielkonflikt zwischen Abschreckung und etwaigen Kollateralschäden harter Verbandsstrafen, die der UK Bribery Act vorsieht. Nationale wirtschaftspolitische Interessen geraten somit unwillkürlich in den Sog politischer Globalisierung, im Sinne der internationalen Korruptionsbekämpfung.

Dadurch geriet auch Rolls-Royce in schwere Turbulenzen. So wurden u.a. die Vorstandsmitglieder, in deren Amtszeit die wirtschaftliche Globalisierung mit geschmierten Geschäften angeheizt und das Unternehmen zu einer nationalen Schlüsselindustrie aufgebaut worden war, spätestens im Zuge der Vergleichsverhandlungen mit den Behörden ausgetauscht. Insgesamt musste das Unternehmen rund 671 Millionen britische Pfund an Behörden im Vereinigten Königreich, in Brasilien und den USA überweisen. Das entspricht in etwa den 800 Millionen US-Dollar, die Siemens 2008 im bis dato größten Vergleich allein in den USA zahlen musste. Wie im Fall von Siemens könnte die Höhe der Sanktionen in die Unternehmensgeschichte eingehen, als ein weithin sichtbares Signal zur Veränderung der überkommenen Geschäftspraktiken und der trägen Unternehmenskulturen.

Lust auf Fleisch? – Neue Schweinereien beim organisierten Schlachten

Von Steffanie Richter und Felizia Rein

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Mit welchen Methoden und unter welchen Bedingungen Tiere geschlachtet werden dürfen ist in Deutschland und in der EU (einheitlich seit 2013) gesetzlich geregelt. Bei der Schlachtung sollen die Tiere weder Schmerzen haben noch leiden – so ist es jedenfalls im deutschen Tierschutzgesetz sowie in der Tierschutz-Schlachtverordnung (TierSchlV) vorgeschrieben. Gemäß dieser sind „Tiere (…) so zu betäuben, dass sie schnell und unter Vermeidung von Schmerzen oder Leiden in einen bis zum Tod anhaltenden Zustand der Empfindungs- und Wahrnehmungslosigkeit versetzt werden“. Leider ist die Praxis des „organisierten“ Schlachtens oft anders, in vielen Fällen erleiden die Tiere während der Schlachtung aufgrund von Fehlbetäubungen große Qualen und Schmerzen.

Auch „Bio“ endet beim Schlachten

Auch in bio-zertifizierten Schlachthöfen sieht das nicht anders aus. Erst Anfang Mai 2017 hat die Leitung des Schlachthofs in Fürstenfeldbruck beschlossen, ihren Betrieb zu schließen. Laut Süddeutscher Zeitung stammen etwa 60 Prozent der Tiere, die dort geschlachtet wurden, aus ökologischer Haltung. Vorausgegangen waren Undercover-Aufnahmen der Tierrechtsorganisation „SOKO Tierschutz“, welche grobe Gewalt, systematische Rechtsbrüche und massive Probleme bei der Betäubung von Schweinen und Rindern zeigten. Soko Tierschutz stellte Strafanzeigen gegen fünf Verantwortliche des als Musterbetrieb in der Biobranche geltenden Schlachthofs.

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Solche Missstände sind kein Einzelfall. Nach Einschätzung von Klaus Troeger, ehemaliger Leiter am Kulmbacher Max Rubner-Institut (das Bundesinstitut beschäftigt sich unter anderem mit der Sicherheit und der Qualität bei Fleisch und berät das Verbraucherschutzministerium), werden jährlich etwa 500 000 Schweine bei lebendigem Leib verbrüht, weil sie nicht ordnungsgemäß entbluten. 2012 gab die Bundesregierung auf Anfrage der Partei Bündnis 90/Die Grünen die Fehlbetäubungsrate bei Schweinen bei handgeführten elektrischen Anlagen mit 12,5 Prozent und bei automatischen Anlagen mit 3,3 Prozent an. Die Fehlerrate bei Rindern wurde mit über 9 Prozent angegeben. In absoluten Zahlen bedeutet dies jährlich weit über 300 000 Rinder und bis zu 7,5 Millionen Schweine, die bei der eigentlichen Schlachtung nicht ausreichend betäubt sind.

Eine Branche außer Kontrolle?

Beim Schlachten kommt es zu gravierenden Tierschutzverletzungen. Es handelt sich um systembedingte, auf die Organisationsstrukturen zurückzuführende Missstände wie z.B. Akkordlöhne in den Schlachthäusern und die aus dem Zeitdruck resultierende Fehlerquote. Allein in deutschen Schlachthöfen sterben jährlich über 750 Millionen Tiere, darunter circa 670 Millionen Masthühner, Suppenhühner und Puten, 60 Millionen Schweine, 3,6 Millionen Rinder und weitere Millionen andere Tiere. (Statistisches Bundesamt 2016). Bei diesen Zahlen wird deutlich: Dieses System funktioniert nur mit einer industriell organisierten Schlachtung im Akkord – täglich und fast rund um die Uhr. Die Organisation der Schlachtung verläuft dabei an vielen Stellen gänzlich unkontrolliert. Dadurch entstehen Gelegenheitsstrukturen, die in einer „Kultur des Wegsehens“ in organisierter Form genutzt werden. Die einerseits zwar zunehmend besorgten, aber in ihren Konsumgewohnheiten nur zaghaft reagierenden Verbraucher machen dies ebenso möglich, wie das Personal und die Verantwortlichen im Umfeld der Schlachtung. Um wirtschaftlich schlachten zu können, ist der Schlachtprozess perfektioniert. Der Druck, möglichst billiges Fleisch zu produzieren, hat auch sozio-ökonomische Auswirkungen. Dazu gehören die prekären Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen. Die Fleischwirtschaft in Deutschland ist ein Geschäft, das von schlechten Arbeits- und Lohnverhältnissen lebt. Unter den 30.000 Beschäftigten, die hier schlachten und zerlegen, sind ein Drittel Südosteuropäer, schätzt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Der größte Teil stammt aus Rumänien und Bulgarien, viele auch aus Polen, Ungarn, der Slowakei und Tschechien (Sebastian, 2016). Tierschutzgesetze werden zum Nutzen einer Schlachtung im Akkord von umgangen. Es sind nicht wenige, welche die Regeln umgehen. Dadurch entsteht ein devianzförderliches Umfeld. Das Leiden der Tiere beim Schlachtprozess wird rationalisiert und legitimiert, indem auf die geringe Bereitschaft der Verbraucher verwiesen wird, mehr zu bezahlen. Der industrialisierte Schlachtprozess erscheint demnach nur unter Bedingungen gewinnbringend, welche den Tieren erhebliches Leiden zufügt.

Tierschutzverstöße in Schlachthöfen wurden bislang meist völlig unzureichend geahndet. Zwar listet das deutsche Tierschutzgesetz diverse Straftatbestände auf, die mit Freiheitsstrafe, Geldstrafe (beides nach § 17) oder Geldbuße (bei Ordnungswidrigkeiten nach § 18) bestraft werden können. Das Problem ist aber die Umsetzung: In vielen Fällen kommt es gar nicht erst zu einem Verfahren, weil die Staatsanwaltschaft nicht ermittelt oder nichts beweisen kann. Im Falle einer Verurteilung fallen die Strafen häufig gering aus. Das Versagen der Behörden wirft ein bezeichnendes Licht auf eine Branche, der Profit wichtiger ist als Transparenz und Tierschutz. Solange es als ökonomisch rational erscheint, Tiere als Ware und Nutzen für den Menschen zu betrachten, orientiert sich die Umgangsweise mit Tieren an der Profitmaximierung und nicht an Tierschutzbestimmungen.

Was können wir tun?

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Immer häufiger wird die Forderung nach einer Videoüberwachung in Schlachtbetrieben laut – auch im europäischen Ausland. In Frankreich hat das Parlament einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht. Nach diesem sollen ab 2018 sämtliche Schlachthöfe mit Kameras ausgestattet sein. Das Videomaterial soll aus Datenschutzgründen nur den tierärztlichen Kontrolldiensten, Tierschutzbeauftragten oder zur Ausbildung der Beschäftigten verfügbar gemacht werden. Doch auch hier bleibt die Frage, inwiefern der Staat und die Staatsanwaltschaft die Verfolgung dieser Verstöße auf ihre Agenda setzen. Denn wo Staat und Verbraucher nicht genau hinschauen, sind Schweinereien schnell an der Tagesordnung – insbesondere, wenn sie Teil des Geschäftsmodells sind.

Es bleibt dabei: Wer nicht ganz auf Fleisch verzichten möchte, sollte sich mit den Bedingungen, denen die Tiere bei Aufzucht und Schlachtungsprozess ausgesetzt sind, vertraut machen oder selbst Hand anlegen.

 

Quellen

Heinrich Böll Stiftung: Fleischatlas 2014 - Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel, online unter:
https://www.boell.de/de/fleischatlas

Reymann, Tanya (2016): Vergleichende Überprüfung des Tierschutzes in Schlachthöfen anhand rechtlicher Vorgaben und fachlicher Leitparameter. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät, online unter:
https://edoc.ub.uni-muenchen.de/19189/1/Reymann_Tanya.pdf

Sebastian, Marcel (2016): Mindestlohn für Mindest-Image, in: Fleischatlas 2016 – Deutschland Regional, online unter:
https://www.boell.de/de/2016/01/13/mindestlohn-fuer-mindest-image?dimension1=ds_fleischatlas_regional

Troeger, Klaus et. al.(2013): Tierschutzgerechte Tötung und Beziehung zur Fleischqualität, 3. LANUV-Forum Tierschutz bei der Schlachtung, 11. Juni 2013, online unter:
https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/agrar/tierschutz/pdf/forum3/TierschutzgerechteToetung_Prof-Troeger.pdf

Statistisches Bundesamt: Tiere und tierische Erzeugung. Gewerbliche Schlachtungen 2015 und 2016, online unter:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/LandForstwirtschaftFischerei/TiereundtierischeErzeugung/Tabellen/GewerbSchlachtungJahr.html, abgerufen am 29. Mai 2017

Verordnung zum Schutz von Tieren im Zusammenhang mit der Schlachtung oder Tötung und zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates (Tierschutz-Schlachtverordnung -TierSchlV), online unter:
https://www.gesetze-im- internet.de/bundesrecht/tierschlv_2013/gesamt.pdf

 

Medienberichterstattung

Besser schlachten. Neue Methode kann schreckliche Tierquälerei deutlich vermindern. SWR Odysso, 22. Januar 2015, abgerufen am 30.05.2017

Unnötige Qualen. Sterben Tiere ohne Betäubung, leiden sie stark. 3Sat, 05. Februar 2015, abgerufen am 31.05.2017

Tierschlachtung. Mit viel Liebe getötet. Süddeutsche Zeitung, 13. April 2015, abgerufen am 31.05.2017

Fleischindustrie: Regierung rügt Tierquälerei in Schlachthöfen. Spiegel Online, 21. Juni 2012, abgerufen am 30.05.2017

Französische Schlachthöfe werden videoüberwacht. Modell für Deutschland. topagrarONLINE. 24. Januar 2017, abgerufen am 01.06.2017

Tierrechtler stellen fünf Anzeigen im Schlachthof-Skandal. Süddeutsche Zeitung. 20. Mai 2017, abgerufen am 01.06.2017

Die Mafia, VW, Sportwetten und die Manipulationen in der Medizin – Wie kann man Kriminalität in/von Organisationen vermeiden, erkennen und verfolgen?

-> Save the Date: 5. bis 7. Oktober 2017, Internationales Symposium zu „Bribery, Fraud, CheatingHow to Explain and to Avoid Organizational Wrongdoing“ im Schloss Herrenhausen in Hannover. Die VolkswagenStiftung organisiert die Veranstaltung in Kooperation mit dem Max-Weber-Institut für Soziologie unter Leitung von Prof. Dr. Markus Pohlmann

Quelle: Pixabay

Von Markus Pohlmann

Was macht eigentlich die Mafia in Deutschland? Die Antwort lautet seit vielen Jahren: Sie prosperiert. Mehr als 500 Angehörige der italienischen Mafia sind derzeit nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) hierzulande aktiv. Deutschland wird, so das BKA, von der italienischen Mafia hauptsächlich in den Bereichen der Rauschgift-, Fälschungs-, Eigentums- und Wirtschaftskriminalität genutzt, dient aber darüber hinaus auch als Rückzugs- und Investitionsraum.

Deutschland – Ein Paradies für Mafiosi?

Und warum geht es der italienischen Mafia in Deutschland so gut? Zum einen fällt der Polizei und der Justiz als konventionelle Organisationen ihre Bekämpfung so schwer, weil die Mafia im soziologischen Sinne gerade keine Organisation ist, sondern ihre Mitglieder mit Leib und Leben vereinnahmt und Blutrache sowie Gewalttaten zu ihrem Alltag gehören (siehe dazu Pohlmann 2016: 23-31). Zum anderen sind nach Ansicht von Staatsanwälten nicht nur die hohen rechtsstaatlichen Hürden in der Strafverfolgung wichtige Gründe, sondern auch die großen Schwierigkeiten, gegen die immer professioneller im legalen Bereich operierende Mafia zu ermitteln. Angehörige der neuen Verbrechergeneration der italienischen Mafia seien nun auch, so Italiens berühmter Mafia-Jäger Roberto Scarpinato, Rechtsanwälte, Finanzberater und Bankiers. Sie schleusen das Geld der Clans in den legalen Geldkreislauf ein. Und wenn man dann einmal einen der Mafiosi auf der Anklagebank hat, so sind die Staranwälte nicht weit, diesen wieder herauszuboxen. Darüber hat die Journalistin und Schriftstellerin Petra Reski bereits 2010 in ihrem aufsehenerregenden Buch „Von Kamen nach Corleone“ zu den dubiosen Machenschaften der „ehrenwerten Gesellschaft“ in Deutschland berichtet. Die Mafia-Mitgliedschaft selbst ist in Deutschland, anders als in Italien, kein Straftatbestand. In Deutschland müssen die Strafverfolgungsbehörden einem Mafioso mit hohem Aufwand nachweisen, dass er seine Millionen illegal erworben hat, sonst kann er sein kriminelles Luxusleben, nach Verbüßung seiner oft kurzen Strafe, wieder aufnehmen. In Italien und den USA ist es umgekehrt. Kann der Verdächtige nicht belegen, wie er zu dem Vermögen gekommen ist, wird es beschlagnahmt. Schon 2013 hatte die Bundesregierung die Beweislastumkehr angekündigt. Doch solange die Reform ausbleibt, geht es mutmaßlichen Mafiaangehörigen nach wie vor gut. Den Journalisten wie Petra Reski, die über sie berichten, allerdings nicht. Immer wieder müssen diese selbst mit Klagen rechnen.

Einige Highlights der internationalen Konferenz

Wenn Sie Roberto Scarpinato und Petra Reski kennenlernen möchten, bietet sich die Gelegenheit dafür vom 5. bis 7. Oktober 2017 im Schloss Herrenhausen in Hannover. Wir laden Sie herzlich zu dem international hochkarätig besetzen Herrenhäuser Symposium ein, das dem Thema “Bribery, Fraud, Cheating – How to Explain and to Avoid Organizational Wrongdoing“ gewidmet ist. Die VolkswagenStiftung führt diese Konferenz zusammen mit dem Max-Weber-Institut für Soziologie, unter Leitung von Prof. Dr. Markus Pohlmann sowie mit Prof. Dr. Gerhard Dannecker (Institut für deutsches, europäisches und internationales Strafrecht und Strafprozessrecht), Prof. Dr. Dieter Dölling und Prof. Dr. Dieter Hermann (beide Institut für Kriminologie) in Hannover durch. Das Symposium versteht sich als ein Beitrag zur Erklärung der neuerlichen „Korruptions- und Manipulationsepidemie“ sowie zur Aufklärung über die Möglichkeiten, solche Fälle zukünftig zu vermeiden.

Die erste Session, am 5. Oktober, dient der Abgrenzung von organisierter Kriminalität und Corporate Crime. Weitere Sessions beschäftigen sich mit den politischen Turbulenzen in Brasilien und China, die durch die neue Phase der Korruptionsbekämpfung ausgelöst wurden. Top-Anwälte, prominente Staatsanwälte und Richter berichten über ihren Kampf gegen Korruption. Mit Volkswagen, Siemens und der Deutschen Bank leisten auch Deutschland, Europa und die USA skandalträchtige Beiträge zum Thema des Symposiums. Die Abgasaffäre, der Libor-Skandal und weitere Fälle von Korruption und Manipulation werden am Freitag, den 6. Oktober, zum Thema. Top-Anwälte, ehemalige Top-Manager und Wissenschaftler durchleuchten die Fälle und diskutieren Möglichkeiten, ähnliche Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern.

Doch nicht nur in der Wirtschaft geht es hoch her. Auch der Sport ist ein El Dorado für kriminelle Vereinigungen und Kriminalität in oder von Sportorganisationen. Von einer Innenansicht der Strafverfolgung in der FIFA-Korruptionsaffäre bis zu Problemen der Geldwäschebekämpfung im Fußball und bei Sportwetten werden hier aktuelle Skandale und ihre Strafverfolgung zum Thema. Am Samstag, den 7. Oktober, beschäftigt sich das Symposium mit den Manipulationen in der Transplantationsmedizin und der Korruptionsprävention in der Medizin. Abschließend diskutieren führende Experten aus Wissenschaft, Journalismus, NGOs und Justiz neue Präventionsmöglichkeiten von  Kriminalität in oder von Unternehmen, Krankenhäusern, Sportverbänden etc., die auch die dunkle Seite der Compliance und der unternehmensinternen Ermittlungen mitberücksichtigen.

Programm, Anmeldung

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann finden Sie hier das vorläufige Programm Herrenhäuser Symposium sowie den Zugang zur Anmeldung. Das internationale Symposium findet im Schloss Herrenhausen (in Hannover), einem der hochkarätigsten Veranstaltungsorte Europas, statt. Die Verpflegung im Tagungszentrum ist in der Teilnahme inbegriffen. Da die Anzahl der Plätze begrenzt ist, bitten wir um Ihre frühzeitige Anmeldung.

Travel Grants für Nachwuchswissenschaftler/innen und Post-Docs

Für 15 Nachwuchswissenschaftler/innen und Post-Docs stehen Reisekostenzuschüsse zur Verfügung. Für sie gibt es außerdem ein Zusatzprogramm mit  Science-Slams und Poster-Sessions. Die Kosten der Anreise, ggf. Visa- und Hotelkosten werden im Falle einer Förderung von der VolkswagenStiftung getragen. Interessierte können sich bis zum 15. Juli 2017 dafür direkt bei der VolkswagenStiftung bewerben. Bitte informieren Sie sich über das Infoblatt_Travel Grants.

Kontakt

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und stehen für Rückfragen gerne per E-Mail (herrenhausen.symposium@uni-heidelberg.de) sowie telefonisch (++ 49 (0) 6221 54 22 26) zur Verfügung.

 

Quellen

Pohlmann, Markus (2016): Soziologie der Organisation. Eine Einführung. 2., überarb. Aufl. Konstanz/München: UVK Verlagsgesellschaft mbH.

Korruption in Korea – Eine nicht enden wollende Geschichte?

Von Markus Pohlmann und Jaok Kwon-Hein

Nun sind beide im Gefängnis: Der Chef eines der größten Elektronikkonzerne der Welt, der Samsung-Erbe Lee Jae-yong, und die südkoreanische Präsidentin Park Geun-hye (Feb 2013-Dez 2016). Ihnen wird vorgeworfen, das alte koreanische Spiel gespielt und aus der wechselseitigen Erwiderung von Gefälligkeiten unzulässige Vorteile gezogen zu haben. Das hört sich harmlos an, aber der Vorgang war – wenn alles so zutrifft – vergleichsweise dreist. Lee Jae-yong, der faktische Chef von Samsung und Enkel des Gründers, soll einer Freundin und Vertrauten der Präsidentin umgerechnet 36 Millionen US-Dollar über Stiftungen zugesteckt haben – unter anderem damit deren Tochter ihre Reitkarriere verfolgen konnte. Im Gegenzug konnte eine milliardenschwere Fusion von zwei Tochterfirmen von Samsung vollzogen werden.

Königsdrama à la Shakespeare

Quelle: wikimedia commons

Die zugrunde liegende Konstellation gleicht einem der Königsdramen Shakespeares. Die Mutter der späteren südkoreanischen Präsidentin Park Geun-hye fiel einem Attentat zum Opfer, das eigentlich ihrem Mann, Park Chung-hee, galt. Der Gründer einer dubiosen pseudo-christlichen Sekte („Die Kirche des ewigen Lebens“) nutzte die Gelegenheit des frühen Todes der Mutter, um – sehr zum Missfallen des Vaters –  Einfluss auf deren Tochter zu nehmen. Als dann auch noch der Vater der südkoreanischen Präsidentin ermordet wird, freundete sich auch die Tochter des illustren Sektengründers, Choi Soon-sil, mit dem Waisenkind an. Allerdings waren die beiden bereits vor dem Tod mutmaßlich miteinander in Kontakt. Als das Waisenkind viele Jahre später Südkoreas erste Präsidentin wird, nimmt Choi Soon-sil möglicherweise nicht nur spirituellen Einfluss auf sie und kassiert zugleich auf Umwegen, so der Vorwurf, viele Millionen Bestechungsgelder. Die ebenfalls verhaftete Tochter von Choi Soon-sil verfolgte unterdessen ihre Karriere als Dressurreiterin u.a. in Deutschland weiter, finanziert durch Stiftungen, die ihr Kapital ebenfalls von Samsung erhalten haben. Das ganze Drama hat nicht nur die sehr aktiven zivilgesellschaftlichen Bewegungen in Südkorea auf die Straße gebracht und zu einem Misstrauensvotum und dem Rücktritt der Präsidentin, sondern auch zur Verhaftung aller Beteiligten sowie zu vorgezogenen Neuwahlen geführt, welche am 9.Mai 2017 stattfinden.

 

Eine Kultur des Geben und Nehmens

Südkorea ist eine vergleichsweise junge Demokratie mit einer selbstverständlichen Kultur des Geben und Nehmens, persönlichen Vertrauens sowie einer stark prägenden Sozialisation in Schulklassen und Studiengemeinschaften. Familien und regionale Zugehörigkeit sind darüber hinaus nach wie vor wichtige Pfeiler des südkoreanischen Selbstverständnisses. Viele kulturelle Regeln des Geben und Nehmens stoßen sich heute aber an modernen Compliance-Regeln von Unternehmen und Behörden sowie an den strikten Anti-Korruptionsgesetzen. Denn auch in der Korruptionsbekämpfung ist Südkorea stark. Das sieht man alleine daran, dass alle Präsidenten – mit Ausnahme von Park Chung-hee (1962-1979), der 1979 ermordet wurde – während oder nach ihrer Amtszeit Ermittlungen wegen Korruption und Betrug auf sich zogen. Bereits vor der derzeitigen Anklage gegen Park Geun-hye wurden der ehemalige Militärdiktator Chun Doo-hwan (1980-1988) und der erste demokratisch gewählte Präsident Roh Tae-woo (1988-1993) zu langen Gefängnisstrafen verurteilt, auch wenn sie später amnestiert wurden. Auch die Söhne von Präsident Kim Young-sam (1993-1998) und Präsident Kim Dae-jung (1998-2003) wurden wegen Korruption eingesperrt. Präsident Roh Moo-hyun (2003-2008) nahm sich während der Korruptionsermittlungen gegen seine Frau, seinen Sohn und seinen Bruder das Leben. Ebenso landen die Vorstandsvorsitzenden der südkoreanischen Großunternehmensgruppen nicht selten aufgrund von Bestechungs- und Betrugsdelikten im Gefängnis, auch wenn sie kurze Zeit später amnestiert werden. So amnestierte der von Februar 2008 bis Februar 2013 amtierende Präsident Lee Myung-bak, dessen Bruder ebenfalls eine zweijährige Gefängnisstrafe wegen Korruption bekam, kurz bevor er aus dem Amt schied, noch 55 zumeist wegen Korruption verurteilte Geschäftsleute. Ihrem sozialen Ansehen tun diese Anklagen und Gefängnisstrafen, anders als in westlichen Ländern, allerdings keinen Abbruch (siehe dazu die Studie von Thomas Kalinowski 2016).
Damit ergibt sich eine für Südkorea typische Dynamik zwischen anhaltender Bestechung und Betrug, ihrer effizienten Verfolgung und harten Verurteilung sowie der regelmäßigen Begnadigung der ökonomischen und politischen Eliten. Die Begleitmusik dazu liefern die aktiven zivilgesellschaftlichen Bewegungen sowie die sozialen Medien, welche die ökonomischen und politischen Eliten immer wieder desavouieren, ohne das System dahinter grundlegend verändern zu können. Die Dramaturgie des Korruptionsdramas in Südkorea sowie das dahinterstehende System haben sich über die Jahre hinweg nicht grundlegend verändert.

Korruptionsdrama mit vielen Facetten

Quelle: http://asiasociety.org/blog/asia/park-geun-hye-impeached-whats-next-south-korea

Woran liegt dies? Wir möchten unter den vielen Erklärungsfaktoren drei zentrale Faktoren hervorheben. Erstens ist Südkorea bekannt für sein geschlossenes Elitensystem. Zu diesem gehören zum einen die stabilen Clanstrukturen der südkoreanischen Familienkonglomerate. Zum anderen sind dabei aber auch die Eliteuniversitäten von großer Bedeutung. Von den Chief Executive Officers der 100 führenden südkoreanischen Industrieunternehmen haben 72 Prozent (2015) einen Abschluss der Top 5-Universitäten (vgl. dazu auch die Studie von Pohlmann/Lim 2014). Auch die meisten Minister der letzten 20 Jahre haben ihren Abschluss auf diesen Universitäten gemacht. Dem Zugang zu den Eliteuniversitäten liegen auch Ähnlichkeiten in der gehobenen sozialen Herkunft zugrunde. Denn trotz der für alle zugänglichen Eintrittsprüfungen ist der Zugang zu den Eliteuniversitäten sozial außerordentlich selektiv. Die Leistungen bei den Eintrittsexamina hängen sehr stark davon ab, ob man die richtigen (teilweise teuren) Schulen besucht, genügend Geld für Nachhilfe investiert und die zusätzliche Fürsorge der Lehrkräfte entlohnt hat. Eliteuniversitäten, wie die Seoul National University, bilden daher eine wichtige Rekrutierungsbasis für ökonomische und politische Eliten und schaffen wichtige soziale Verflechtungen, die später durch alltägliches Geben und Nehmen auf Dauer gestellt werden. Zweitens ist der Kulminationspunkt dieser Netzwerke Seoul, die 14-Millionen-Metropole, in der mehr als ein Viertel der Bevölkerung Südkoreas lebt. Wer Einfluss nehmen und Karriere machen will, muss nach Seoul kommen. Seoul ist zwar eine große Stadt, aber die Kristallisationspunkte für die Machteliten sind überschaubar. Fortwährend überschneiden sich hier die sozialen Kreise der ökonomischen und politischen Eliten im sehr aktiven „Socializing“ der südkoreanischen Kultur. Drittens ist auch das politische System mit seinen häufigen Politikerwechseln, seinen schwachen Parteien und der gestiegenen Wahlkampfkosten, welche die Kandidaten in der Regel selbst finanzieren müssen, dafür verantwortlich. Die Anfälligkeit für Korruption, illegale Parteispenden sowie Einflussnahmen von Unternehmen und Geschäftsleuten ist dadurch gestiegen (siehe dazu auch Croissant 2013).

Also alles beim Alten in Südkorea?

Hat sich in Südkorea also nichts verändert? Wir denken nicht, dass wir damit enden können. Die enge politische, militärische und teilweise auch ökonomische Bezogenheit auf die USA hat seine Spuren hinterlassen. Viele der südkoreanischen Eliten haben zusätzlich auch an den Eliteuniversitäten in den USA studiert. Diese Spuren lassen sich nicht nur bezogen auf die stärker liberale Ausrichtung des Staates und dem Abbau allzu enger Verflechtungen zwischen Ökonomie und Politik erkennen, sondern auch bezogen auf die Nachahmung effektiver Strategien im Kampf gegen Korruption. Und die zunehmenden Proteste der jüngeren Leute in Südkorea zeigen zumindest an, dass dieser Kampf nun noch stärkeren Rückhalt hat. Vielleicht kann dies dazu beitragen, trotz der Geschlossenheit des Elitesystems, der Clan-Strukturen der großen Unternehmensgruppen und den Schwächen des Parteiensystems, den Boden für die Veränderungen im ökonomischen und politischen System zu bereiten.

 

Quellen

https://www.theguardian.com/news/2017/mar/10/park-geun-hye-impeachment-what-next-for-south-korea

http://www.koreaobserver.com/lee-kun-hee-dead-alive-health-of-samsung-chairman-lee-kun-hee-27791/

https://www.nytimes.com/2016/11/01/world/asia/south-korea-park-geun-hye-choi-soon-sil.html?_r=0

Croissant, Aurel (2013): Das politische System Südkoreas. In: Derichs, Claudia und Heberer, Thomas (Hrsg.): Die politischen Systeme Ostasiens. Wiesbaden: Springer VS, S. 355-429.

Thomas Kalinowski (2016): Trends and mechanisms of corruption in South Korea, in: The Pacific Review, Vol. 29, No. 4, p. 625-645

Markus Pohlmann, Lim, Hyun-Chin (2014): A New „Spirit“ of Capitalism? – Globalization and its Impact on the Diffusion of Neoliberal Management Thinking in Germany and the East Asian Economies, in: Development and Society, Vol. 43, No. 1, p. 1-32

Warum Frühgeborene immer weniger wiegen – Die Manipulationen der Abrechnungssysteme in der Medizin

Von Markus Pohlmann

Quelle: pixabay

Während das Geburtsgewicht der Neugeborenen in Deutschland leicht zugenommen hat, sieht es bei den Frühgeburten anders aus. Dabei spielen der medizinische Fortschritt und die damit verbesserten Pflege- und Behandlungsmöglichkeiten von immer früheren Geburten eine Rolle. Aber warum häuft sich ausgerechnet die Anzahl der Geburten, bei denen das Geburtsgewicht der Neugeborenen knapp unterhalb der jeweiligen Schwelle von 750g, 1000g, 1250g und 1500g liegt? Die Studie von Jürges/Köberlein-Neu gibt Antworten darauf: Weil unterhalb dieser Schwellenwerte die Abrechnungspauschalen jeweils deutlich höher sind als oberhalb der Schwellen. Seit der Einführung der auf Fallpauschalen bezogenen Abrechnungssysteme (Diagnosis-related Groups, kurz: DRG) im Jahre 2003 zeigt sich dieser Effekt sehr deutlich. In ihrer Analyse der deutschen Krankenhausdaten schätzen die Autoren, dass in den darauffolgenden acht Jahren in mindestens 12.000 Fällen das Geburtsgewicht nach unten korrigiert wurde, d.h. bei rund 18% der Frühgeburten unter 1500g. Dadurch wurden circa 100 Millionen Euro mehr an Erstattungen realisiert. Oftmals reicht eine Korrektur von wenigen Gramm aus, um höhere Erstattungen zu bekommen.

Die Manipulationen der Abrechnungssysteme – eine Begleiterscheinung der durchregulierten Medizin

Dabei sind Manipulationen wie jene des Geburtsgewichts kein Einzelfall. Vielmehr sind die Manipulationen der Abrechnungssysteme – insbesondere das „Upcoding“ – eine stete Begleiterscheinung der durchregulierten Medizin. Wenn die Ärzte ihre Patienten auf der Abrechnung kränker machen, als sie tatsächlich sind, so wird von Upcoding gesprochen. Dieses ist nicht auf die deutsche Medizin beschränkt, sondern solche Manipulationen treten unter anderem in den USA, in Frankreich, Norwegen, Dänemark und Israel in ähnlicher Weise auf. So fiel in mehreren Ländern im Zusammenhang mit der Einführung von DRGs ein unmittelbarer Anstieg des Index für die Schwere der Krankheitsdiagnosen auf (Case-Mix-Index). Für einen Teil dieses Anstiegs wird das Upcoding verantwortlich gemacht. Schätzungen zufolge beliefen sich die durch das Upcoding verursachten Kosten in Deutschland für die ersten fünf Jahre nach der Einführung (2004-2009) auf eine Summe zwischen 1,9 und 3,24 Milliarden Euro. In den USA berechnete das Government Accountability Office (GAO) auf Medicare bezogen für das Jahr 2014 einen Betrag von rund 50 Milliarden US Dollar an irregulären Zahlungen. Sie gingen nicht nur auf Dokumentationsfehler zurück, sondern insbesondere auch auf Manipulationen. Wie lässt sich das Phänomen des Upcoding erklären?

Auf der Systemebene können wir ganz allgemein sehen, dass zu viele Regulierungen, wenn sie mit geringen Kontroll- und Aufdeckungswahrscheinlichkeiten einhergehen, die Anfälligkeit des Systems für gravierende Regelabweichungen erhöhen. So ist es z.B. im Falle der Manipulationen des Geburtsgewichts offenkundig, dass es um die Überprüfbarkeit und Kontrollierbarkeit der Angaben nicht gut bestellt ist. Denn das Geburtsgewicht der Neugeborenen ist eine sich schnell verändernde Größe und sie verlieren nach der Geburt ohnehin noch bis zu 5 Prozent an Gewicht. Ex post ist damit das Geburtsgewicht nicht mehr prüfbar.

Die Rolle der Krankenkassen

Aber auch die Organisationen im Umfeld der Krankenhäuser, z.B. die Krankenkassen, tragen zur Normalisierung solcher Manipulationen bei. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung am 9.10.2016 sagte der Chef der Techniker-Krankenkasse dazu: „Es ist ein Wettbewerb zwischen den Kassen darüber entstanden, wer es schafft, die Ärzte dazu zu bringen, für die Patienten möglichst viele Diagnosen zu dokumentieren. Dann gibt es mehr Geld aus dem Risikostrukturausgleich, der hohe und teure Gesundheitsrisiken unter den einzelnen Kassen ausgleichen soll. Aus einem leichten Bluthochdruck wird ein schwerer. Aus einer depressiven Stimmung eine echte Depression, das bringt 1000 Euro mehr im Jahr pro Fall. Die Kassen bezahlen zum Beispiel Prämien von zehn Euro je Fall für Ärzte, wenn sie den Patienten auf dem Papier kränker machen. Sie bitten dabei um „Optimierung“ der Codierung. Manche Kassen besuchen die Ärzte dazu persönlich, manche rufen an. Und es gibt Verträge mit Ärztevereinigungen, die mehr und schwerwiegendere Diagnosen zum Ziel haben. Zudem lassen sich die Kassen in diese Richtung beraten. Dafür fallen Honorare an. Für all das haben die Kassen seit 2014 eine Milliarde Euro ausgegeben. Die fehlt für die Behandlung der Patienten. Das ist der Skandal!“
Die Überwachung der Krankenkassen durch das Bundesversicherungsamt und die Landessozialministerien scheint dabei in nur geringem Maße zu greifen. Auch bezogen auf die Abrechnungen der Krankenhäuser werden lediglich Stichproben geprüft und nicht alle auffälligen Abweichungen reklamiert. Wenn z.B. der medizinische Dienst der Kassen die Manipulation nicht nachweisen kann, müssen die Krankenkassen den Krankenhäusern eine Entschädigung für den Aufwand zahlen. Werden die Manipulationen erkannt, müssen die Krankenhäuser umgekehrt aber keine Strafe oder Aufwandsentschädigung zahlen, sondern erhalten lediglich weniger, nämlich die korrekte Erstattung. Damit ist ein devianzanfälliges Umfeld entstanden, welches die Neigung zu tricksen ganz offensichtlich befördert. Das System, das mehr Wettbewerb und Anreize für einen effizienteren Umgang mit Planvorgaben eingeführt hat, offenbart hier seine Schattenseiten. Es bestätigt die Erwartung, dass man umso mehr Regelabweichung erntet, je mehr Regeln man setzt. Im Grunde ist es wie in sozialistischen Systemen: Auch dort waren der manipulativen Phantasie im Umgang mit Planvorgaben kaum Grenzen gesetzt.

Quelle: pixabay

Für die Kliniken und Stationen sind die Manipulationen zugleich nützlich und dienen der Kostendeckung. Jeder Arzt in einem Krankenhaus muss heute zugleich auch wirtschaften, die Fallpauschalenabrechnung und die Deckungsbeitragsrechnung[1] im Griff haben, um sich seine Freiheitsspielräume zu bewahren. Das bedeutet, dass man in einem hoch regulierten System mit den Regeln gekonnt spielen muss, damit dem eigenen Bereich, dem Zentrum und der Klinik keine Nachteile entstehen. Dass dies auch Abweichungen von extern gesetzten Regeln beinhaltet, ist Teil der Problematik, welche hinter den Manipulationen der Abrechnungssysteme steht. Denn auch leitende Ärzte und Direktoren müssen sich heute kaufmännisch rechtfertigen und beschäftigen sich zu einem nicht unbedeutenden Teil ihrer Zeit damit, im Ampelsystem der Deckungsbeitragsrechnung kein rotes Stop-Signal zu bekommen.

Aber, wie in unserem Beispiel der Manipulationen des Neugeborenengewichts, führen Ärzte und Hebammen der Studie zufolge das Upcoding nicht bei jedem Kind durch und sind dabei nicht allein am finanziellen Anreiz für das Krankenhaus orientiert, sondern greifen insbesondere dann ein, wenn der Gesundheitszustand des Neugeborenen nicht so gut ist und dies weitere Behandlungskosten erwarten lässt. Es müssen aber auch nicht in jedem Fall die Ärzte und Hebammen sein, welche die Gewichtsangaben manipulieren, denn in den großen Krankenhäusern werden die Kodierungen danach durch die Controllingabteilungen geprüft und „optimiert“. Es sind vor allem kleinere, schwellenwertbezogene Manipulationen, die an der Tagesordnung sind. Weitreichendere Manipulationen sind nicht erkennbar.

Wie auch bei den Manipulationen in der Transplantationsmedizin ist die kriminelle Energie gering. Es sind in der Regel funktionale Manipulationen, mit denen das System so „gespielt“ wird, dass man mit den Tricksereien das Beste für das Krankenhaus und die Patienten herauszuholen versucht. Das ist vielleicht das Beruhigende daran.

 

Fußnotenverzeichnis

[1] Der Deckungsbeitrag (englisch contribution margin) ist in der Kosten- und Leistungsrechnung die Differenz zwischen den erzielten Erlösen (Umsatz) und den variablen Kosten. Es handelt sich also um den Betrag, der zur Deckung der Fixkosten zur Verfügung steht. Der Deckungsbeitrag kann sowohl auf die Gesamtmenge (DB) eines Produktes bezogen sein, als auch auf eine Mengeneinheit (db) (Stückgröße) [Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Deckungsbeitrag]

 

Quellen

Jürges, Hendrik; Köberlein-Neu, Juliane (2013): First Do No Harm-Then Do Not Cheat: DRG Upcoding in German Neonatology (July 29, 2013). CESifo Working Paper Series No. 4341. Available at SSRN: https://ssrn.com/abstract=2302504

King, Kathleen M. (2014): Medicare fraud: progress made, but more action needed to address Medicare fraud, waste, and abuse. Full report on http://www.gao.gov/products/GAO-14-560T

Schönfelder, Tonio; Balázs, Silvia; Klewer, Jörg (2009): Kosten aufgrund von DRG-Upcoding durch die Einführung der Diagnosis Related Groups in Deutschland, in: Heilberufe 61.3: 77-81.

Schneider, Hendrik; Reich, Claudia (2012): Abrechnungsbetrug durch „Upcoding“, in: HRRS, Juni: 267-272. Online: http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/12-06/?sz=6

Ostereier und Schokoladenhasen – Von Kindern für Kinder?* Kinderarbeit bei der Schokoladenproduktion

Von Markus Pohlmann

Quelle: Pixabay

Ostern rückt näher und damit Frage, ob und gegebenenfalls welche Süßigkeiten wir verschenken. Die Antworten darauf haben in den letzten Jahrzehnten ihre Leichtigkeit verloren, weil die Kinderarbeit auf den Kakaoplantagen nach wie vor ein hartnäckiges Problem ist. Nach einer neueren Studie der Tulane-Universität in New Orleans hat sie in den letzten Jahren mit der Ausweitung der Kakaoproduktion weiter zugenommen. Und wer will schon etwas schenken, das mit Kinderarbeit produziert wurde?

Nehmen wir die Elfenbeinküste und Ghana als Beispiel. Die beiden Länder vereinen einen großen Teil der Kakaoproduktion auf sich und sind bekannt für den häufigen Einsatz von Kindern bei der Kakaoernte sowie den Handel mit Kindersklaven. Nach den Schätzungen der Studie der Tulane Universität arbeiteten 2013/14 rund 3,6 Millionen Kinder, das sind knapp zwei Drittel aller Kinder in diesen beiden Ländern. Ihre Anzahl hat sich – allen Verlautbarungen der Schokoladenproduzenten zum Trotz – seit der letzten Studie 2008/09 noch um 5 Prozent gesteigert. Unter den 5 bis 11-jährigen Kindern verrichten mehr als der Hälfte Kinderarbeit, den Gebrauch scharfer Macheten bei der Kakaoernte inbegriffen. Bereits 2001 haben deshalb die führenden Schokoladenproduzenten vereinbart, „die schlimmsten Formen der Kinderarbeit„ auf den Kakaoplantagen in Ghana und der Elfenbeinküste zu eliminieren (Harkin/Engel Protocol 2001), um dann 2010 dieses Ziel in einer Rahmenvereinbarung wieder zu verwässern. Bis 2020 sollen nun die schlimmsten Formen der Kinderarbeit um 70 Prozent reduziert werden (Joint Declaration 2010). Aber heute ist bereits absehbar, dass auch diese Vereinbarung kaum das Papier wert sein wird, auf dem es steht. Und der Verstoß gegen diese freiwillige Vereinbarung bleibt ohne rechtliche und politische Konsequenzen. Zwar hat der Supreme Court in den USA 2016 im Fall Nestlé (Kitkat, Smarties, Lions etc.) Klagen nach dem ausländischen Schadensersatzrecht „alien tort claims act“ in den USA zugelassen. Doch der zuständige Richter Stephen Wilson wies am 2. März 2017 die Klage wegen Sklavereiarbeit von Kindern gegen Nestlé und Cargill mit der Begründung ab, „that the former child slaves had failed to show that any domestic conduct by the two companies was linked to the use of forced labor at their overseas supplier“ (Bloomberg 10.3.2017; Doe v. Nestle SA, 05-05133, U.S. District Court, Central District of California). Die Anwälte der Kindersklaven sind in Berufung gegangen. Wie auch immer die Sache vor Gericht ausgeht, der Imageschaden für die Schokoladenproduzenten und ihre Osterhasen bleibt bestehen.

Wo liegt das Problem bei der Abschaffung der Kinderarbeit?

Wenn jetzt die Schokoladeproduzenten immer wieder ins Visier der Justiz geraten, wird das ganze System der Schokoladenproduktion von hinten aufgerollt. Denn natürlich holen die Schokoladeproduzenten ihre Ware nicht direkt an der Elfenbeinküste oder in Ghana ab. Auch kaufen sie dort nicht selbst ein. Vielmehr bauen unzählige kleine Farmer unter Einsatz ihrer und fremder Kinder Kakao an, verkaufen ihre Ernte zu geringen Preise an Zwischenhändler und diese wiederum an Exporteure. Diese verschiffen die Kakaoernte dann z.B. in die USA oder nach Europa, wo ein Teil des Kakaos auf großen Warenterminbörsen (New York, London) an die Zulieferer und Produzenten der Nahrungsmittelindustrie verkauft wird. Damit ist nicht selten ein Markt mit viel Spekulation zwischengeschaltet, auf dem sich die Schokoladeproduzenten mit Kakaobohnen versorgen. Wie andere Märkte auch funktionieren diese nicht nach Fairnessprinzipien. Im Prinzip ist es eine, durch einen nachwirkenden Kolonialismus (Zündorf 2001) geprägte Wertschöpfungskette mit entsprechender Ausbeutung der Farmer als unmittelbare Rohstoffproduzenten. Diese bekommen in diesem nachwirkend kolonialen Kapitalismus nicht genug für ihre Kakaobohnen, um Arbeitskräfte finanzieren zu können. Ihre eigenen Kinder müssen arbeiten. Und falls dies nicht reicht, kommen fremde Kinder und Kindersklaven aus Mali, Burkina Faso oder Nigeria dazu. Obwohl z.B. die Elfenbeinküste alle Gesetze gegen Kinderarbeit ratifiziert hat, ist ihre Eindämmung in dem Land mit hoher Korruption keine Priorität. Warum auch? Sie würden die Existenz ihrer Farmer aufs Spiel setzen. Da die Elfenbeinküste also Verstöße gegen Kinderarbeit kaum verfolgt oder die Kinderhändler gegen die Zahlung von Bestechungsgeldern gewähren lässt, ist eine staatliche Regulierung des Problems vor Ort nicht in Sicht. Alle verdienen gut daran und die Farmer können nicht anders, ohne ihre Existenz zu gefährden. Immer wieder kommt es zudem zu politischen Wirren, Bürgerkriegen oder bürgerkriegsähnlichen Situationen, die jede politische Regulierung zusätzlich erschwert.

Corporate Social Responsibilty? Ein steiniger Weg

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Auch für die Hersteller von Ostereiern und Schokoladenhasen, wenn sie guten Willens sind, ist es in dieser Situation nicht einfach, als Unternehmen soziale Verantwortung zu übernehmen. Zum einen profitieren sie von diesem System. Zum anderen ist es schwer, über Lippenbekenntnisse und soziale Initiativen hinaus weitreichende Verantwortung im Kampf gegen Kinderarbeit zu übernehmen. Die radikalste Alternative, sich vom Kakaoanbau in den beiden Ländern zu verabschieden, hätte für diese Länder erhebliche Folgen. Zugleich scheinen alternative Anbaugebiete, wie z.B. in Brasilien, in diesen Aspekten nicht wesentlich anders zu sein. Auch die andere radikale Alternative: Die Produktion vor Ort in eigenen Plantagen vorzunehmen oder alles selbst zu organisieren, erscheint als kolonial. Der Weg dazwischen, den die meisten Hersteller jetzt langsam und zögerlich einschlagen, ist nicht weniger steinig. Denn auch Zertifizierungen, wie z.B. UTZ (UTZ ist ein Programm und Gütesiegel für nachhaltigen Anbau von Agrarprodukten und wird seit 2002 von einer gleichnamigen Stiftung mit Hauptsitz in Amsterdam betrieben) haben gezeigt, dass diese keineswegs eine Garantie dafür sind, dass keine Kinderarbeit stattfindet. Denn im Sumpf systemischer Korruption und des Menschenhandels in den oft von Bürgerkriegen und politischen Wirren geprägten Ländern sind Kontrollen schwer und die Einhaltung von Regulierungen wird oft selbst zum Gegenstand korrupter Aushandlungsprozesse. Auf den nächsten Journalisten, der die Kinder bei der Arbeit auf zertifizierten Plantagen filmt, müssen die Unternehmen nicht lange warten. Wenn die Hersteller in diesem Fall „Corporate Social Responsibility“ nicht nur als Deko der Unternehmensfassade sehen und es ernst meinen, müssen sie das ganze Geschäftsmodell umstellen. Doch dass die Schokoladenhersteller dies derzeit tun, lässt sich in der Mehrzahl nicht erkennen. Auch unsere Supermärkte und Discounter reagieren noch zu wenig auf die Nachhaltigkeit von Kinderarbeit.

Dann also ausschließlich Fairtrade und Produktboykott? Die Ökonomen Mattias Döpke und Fabrizio Zilibotti wiesen bereits 2009 darauf hin, dass auch diese Form von Übernahme sozialer Verantwortung durch uns Konsumenten leider oft das Gegenteil von dem bewirkt, was erreicht werden soll. Viele Familien verarmen, rutschen noch weiter in die korrupte und kriminelle Schattenwirtschaft ab und die Politiker vor Ort verlieren weiter an Regulierungsmöglichkeiten. Resultat: Die Kinderarbeit nimmt zu statt ab. Sie schlagen daher eine andere Lösung vor, orientiert an dem staatlichen PROGRESA-Programm in Mexiko: „1998 beschloss die damalige Regierung, nicht länger den Preis von Tortillas zu subventionieren – und damit indirekt auch reiche Familien -, sondern arme Haushalte direkt finanziell zu unterstützen. Der entscheidende Punkt: Geld bekommt nur, wer seine Kinder zur Schule statt zur Feldarbeit schickt. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen den Erfolg dieses direkten wirtschaftlichen Anreizes: In Regionen, in denen das Programm eingeführt wurde, ist die Kinderarbeit deutlich rückläufig, und mehr Kinder – insbesondere ältere – besuchen die Schule. Auch die von Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus gegründete Grameen Bank in Bangladesch vergibt Mikrokredite nur an Frauen, die ihre Kinder zur Schule schicken“ (Döpke: “Hilft Fairtrade wirklich?”, s.u.).

Das scheint vernünftig, aber welche Süßigkeiten sollen wir denn nun verschenken? Am besten keine, das ist klar – aber für viele von uns wäre das zu radikal. Wir plädieren für das kleinere Übel: Denn je mehr es uns gelingt, Fairtrade zu unserem Standard werden zu lassen, desto eher können sich auch die Hersteller und Discount-Märkte daran orientieren.

Frohe Ostern!

 

*So lautete der Titel eines Artikels in der TAZ vom 24.11.2016: “Verdacht auf Kinderarbeit. Von Kindern für Kinder”, http://www.taz.de/!5360352/

 

Quellen

Doepke, Matthias and Fabrizio Zilibotti. “INTERNATIONAL LABOR STANDARDS AND THE POLITICAL ECONOMY OF CHILD‐LABOR REGULATION.” Journal of the European Economic Association 7.2‐3 (2009): 508-518.

Framework of Action to Support Implementation of the Harkin-Engel

„Harkin-Engel Protocol“: Protocol for the growing and processing of Cacao Beans and their derivative products in a manner that complies with ILO Convention 182 concerning the Prohibition and immediate Action for the Elimination of the Worst Forms of Child Labor: http://chocolatechildlabour.weebly.com/harkinengel-protocol.html

John Nestlé, et al. v. Nestlé, S.A., et al.: Case 2:05-cv-05133-SVW-MRW Document 249 Filed 03/02/17 Page 1 of 12 Page ID #:2202, United States District Court Central District of California.

School of Public Health and Tropical Medicine Tulane University. “Survey Research on Child Labor in West African Cocoa Growing Areas”. FINAL REPORT 2013/14. Tulane University 2015.

Welthandel: Hilft Fairtrade wirklich? http://www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/3066-rtkl-welthandel-hilft-fairtrade-wirklich.

Zündorf, Lutz. “Nachwirkender Kolonialismus und intersektorale Verknüpfung im Spektrum von Markt und Hierarchie. Austauschbeziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern in der Weltwirtschaft des Tabaks”. (The Aftermath of Colonization and Forms of Transactions between Agriculture and Industry Exchange Relations between Industrialized and Developing Countries in the World Economy of Tobacco). Zeitschrift für Soziologie, Jg. 30, Heft 4, August 2001, S. 247–266.

Organisierte Keime – Oder: Warum in Deutschland immer noch Tausende Krankenhauspatienten jedes Jahr an nosokomialen Infektionen sterben

Von Stefan Bär

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Unverändert besteht das Risiko in Deutschland, sich im Krankenhaus eine nosokomiale Infektion zuzuziehen. Das sind Infektionen, die im Zusammenhang mit dem Aufenthalt und der medizinischen Behandlung stehen. Sie zählen zu den häufigsten Komplikationen einer Krankenhausbehandlung. Nach seriösen Schätzungen infizieren sich jährlich circa 500.000 Patienten mit Krankenhauskeimen und zwischen 10.000 und 15.000 davon versterben.
Wenn multiresistente Keime ins Spiel kommen, wird die Sache kompliziert, langwierig und häufig genug lebensbedrohlich. Dabei gibt es auch gute Nachrichten. Denn die Erkrankungshäufigkeit liegt seit einigen Jahren konstant bei unter 4,0 Prozent - trotz der Zunahme der Anzahl behandelter Patienten auf über 19 Millionen Fälle pro Jahr und trotz der Zunahme des Anteils an älteren, multimorbiden und damit vulnerableren Patienten. Doch letztlich ist jeder Patient, der an solchen Infektionen erkrankt oder verstirbt, ein Patient zu viel. Deswegen stellt sich die Frage: Woran liegt es eigentlich, und wie lässt es sich vermeiden?

Der tragische Fall am Bremer Klinikum-Mitte im Jahr 2011

Greifen wir den Fall des Todes der drei Frühgeborenen auf der Intensivstation für Neugeborene am Bremer Klinikum-Mitte im Jahr 2011 auf. Er ist gut untersucht. In den Jahren von 2009 bis 2012 war es dort zu einem Erkrankungsausbruch durch Infektion mit Klebsiella pneumoniae, einem multiresistenten Darmkeim, bei insgesamt 37 Kindern gekommen. Allein im Jahr 2011 waren 30 Neugeborene erkrankt, von denen drei verstarben. Selbst nach der kompletten Renovierung und Wiedereröffnung der Station trat im Jahr 2012 der genidentische Keim abermals bei sechs Kindern auf, und wie anhand von konservierten Blutproben festgestellt werden konnte, war genau derselbe Keim bereits 2009 bei einem Kind auf der Bremer Neonatologie festgestellt worden. Woran lag es nun in diesem tragischen Fall? War es der Chefarzt, der fristlos entlassen wurde oder waren es Schlampereien in Bezug auf die Einhaltung von Hygienerichtlinien, wie es in den Medien häufig thematisiert wird?
Folgt man dem 615 Seiten umfassenden Abschlussbericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses der Bremischen Bürgerschaft sieht man: Es war die Krankenhausorganisation, die dahintersteckte. Es sind „organisierte Keime“, die sich nicht einfach durch den Austausch von einzelnen Verantwortlichen oder durch die Verabschiedung neuer Hygienerichtlinien aus der Welt schaffen lassen. Sie sind eine Begleiterscheinung der Krankenhausorganisation. Kein einzelner Verantwortlicher oder die mangelnde Einhaltung von Hygienerichtlinien durch das betreuende ärztliche- oder Pflegepersonal waren dem Untersuchungsbericht zufolge die alleinige Ursache. So sahen es im Übrigen auch die Richter des Bremer Arbeitsgerichts, die im Mai 2012 die Kündigung des Chefarztes der Kinderklinik für unwirksam erklärten.

"Organisierte Keime" - Eine Begleiterscheinung der Krankenhausorganisation

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Der Untersuchungsbericht zeigt einmal mehr, dass die Krankenhäuser zwar formal ein Hygienemanagement etabliert haben, aber dass es sehr schwer ist, dies im operativen Alltag umzusetzen. Wohl gab es ordentliche Richtlinien, Vorgaben, Stellenschlüssel und Personal. Aber der Teufel steckt auch hier immer im Detail. So war z.B. der Krankenhaushygieniker im Bremer Fall für sehr viele Sachgebiete und eine große Anzahl weiterer Kliniken zuständig. Er war nicht in die Krankenhaushierarchie eingebunden und gegenüber den Hygienefachkräften vor Ort noch nicht einmal weisungsbefugt. Auf der Krankenhausführungsebene wurden Mängel im Hygienemanagement, aber auch durch den Chefarzt angemahnte Personallücken nebst Überlastungsanzeigen des dortigen Personals kaum zur Kenntnis genommen. Die von Fachverbänden empfohlene Ausstattung der Intensivstation mit Pflegepersonal wurde dem Abschlussbericht zufolge häufig unterschritten. Auf der Ebene der staatlichen Überwachung durch das Gesundheitsamt konnte das zuständige Referat „Infektionsepidemiologie“ aufgrund einer niedrigen Besetzung die ihm obliegenden Aufgaben kaum wahrnehmen. Das Maß an Routinebegehungen von medizinischen Einrichtungen wurde auf ein inakzeptables Maß beschränkt und die Einhaltung von Hygienestandards in den bremischen Krankenhäusern wurde erst gar nicht überprüft. Wie häufig, griff so ein Zahnrädchen in das andere.

Hygiene wird zwar von der Organisation erwartet, aber in der Organisation nicht prioritär sichergestellt

Das Bremer Krankenhaus erwies sich in seinem Kampf gegen gefährliche Keime als schlecht gewappnet. Zudem motivieren die „Hygienefaktoren“ in den Karrieresystemen der Krankenhäuser keinen Chef zu einer Beförderung, sie tauchen in keinen Bonussystemen auf und fehlen in den öffentlich zugänglichen Bewertungen der Krankenhäuser weitgehend. Hygiene wird zwar von der Organisation erwartet, aber sie wird in der Organisation nicht prioritär sichergestellt. Schließlich ist ihre Einhaltung im Krankenhaus aufgrund der Komplexität der Abläufe außerordentlich aufwändig. Regeln werden immer dann gerne umgangen, wenn deren Anzahl zu groß ist, wenn sie zu umständlich sind und wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass ihre Umgehung sanktioniert wird. Und das ist hier der Fall. Im Arbeitsalltag werden die Regeln vielfach umgangen und nur Wenige sanktionieren Regelverstöße, wenn sie sie sehen. Studien zum Umgang mit Handhygiene in Krankenhäusern haben gezeigt, dass es vielfältiger Interventionen und einer Veränderung der gesamten Organisationskultur bedarf, um die einer umfassenden Hygiene zuwiderlaufende Handlungspraxis nachhaltig zu verändern.

Kein deutsches Phänomen

Auch wenn man es oft anders liest: „Organisierte Keime“ sind kein deutsches Phänomen. Die Krankenhäuser in anderen Ländern haben ebenfalls große Schwierigkeiten, diese Begleiterscheinung der Krankenhausorganisation in den Griff zu bekommen. In den Niederlanden beispielsweise ist zwar das Risiko, sich im Krankenhaus eine Infektion mit MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) einzuhandeln, deutlich geringer, als in Deutschland. Bei anderen Keimen, wie z.B. den Klebsiellen, unterscheidet sich die Situation jedoch nicht. Beim Ländervergleich kann man allerdings erkennen, dass die Art der Arbeitsteilung, die Arbeitsbelastung und ein feststehender Betreuungsschlüssel wichtige Parameter in der Krankenhausorganisation sind, um die Compliance bei Hygienevorschriften zu erhöhen.
Es bleibt zu hoffen, dass die diesbezüglichen Krankenhausreformen und der Kulturwandel in deutschen Krankenhäusern irgendwann dahin führen, dass nosokomiale Infektionen zu bedauerlichen Einzelfällen werden und sie nicht mehr, wie heute noch, eine erschreckend „normale“ Begleiterscheinung der Krankenhausorganisation sind.

 

Quellen

Bericht der Bundesregierung über nosokomiale Infektionen und Erreger mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen, Drucksache 18/3600 vom 18. Dezember 2014

Daschner, F.: Deutsche Kliniken- ein Hygieneskandal? In: Arzt und Krankenhaus 4/2011, S. 106-107

Epidemiologisches Bulletin 26/2012 des RKI vom 2. Juli 2012

Focus Online: Gefährliche Keime. Mangelnde Hygiene im Krankenhaus: Jede vierte Klinik fällt durch. http://www.focus.de/gesundheit/arzt-klinik/klinik/gefaehrliche-keime-hygiene-im-krankenhaus-jede-vierte-klinik-faellt-durch_id_6481301.html, vom 11. Januar 2017

Hawking, D.: Der Stellenwert der Krankenhaushygiene – Erkenntnisse einer deutschlandweiten Befragung. In: Das Gesundheitswesen, 08. Februar 2017 (eFirst)

Hibbeler, B.: Hygiene-Skandal in Bremen: Auf der Suche nach den Schuldigen. In: Deutsches Ärzteblatt 2011, 108(48): A-2586 / B-2164 / C-2136

Larson, E. L., et al. An organizational climate intervention associated with increased handwashing and decreased nosocomial infections. In: Behavioral Medicine 26.1 (2000): 14-22.

Naikoba, S., and  Hayward, A.: The effectiveness of interventions aimed at increasing handwashing in healthcare workers-a systematic review. Journal of hospital infection 47.3 (2001): 173-180.

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss “Krankenhauskeime“, Drucksache 18/677 vom 29. November 2012

SPIEGEL ONLINE Wissenschaft: http://www.spiegel.de/thema/krankenhaushygiene/